Rz. 254

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Arbeitnehmer vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses frühzeitig über die Notwendigkeit eigener Aktivitäten bei der Suche nach einer anderen Beschäftigung sowie über die Verpflichtung zur Meldung nach § 37b SGB III bei der Agentur für Arbeit zu informieren, sie hierzu freistellen und die Teilnahme an erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen zu ermöglichen (§ 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III). Dem Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 629 BGB wird daher größere Bedeutung zukommen, da der Zeitraum ab Kenntnis der bevorstehenden Arbeitslosigkeit für die Stellensuche genutzt werden soll. Der Arbeitgeber hat nach der Kündigung eines dauernden Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer auf Verlangen angemessene Zeit für die Suche nach einem neuen Arbeitsverhältnis zu gewähren. Allerdings gewährt § 629 BGB nur die unbezahlte zeitlich begrenzte Befreiung von der Arbeitspflicht. Lohnfortzahlungsansprüche kann der Arbeitnehmer allenfalls aus (jedoch abdingbarem) § 616 S. 1 BGB herleiten. Die bloße Absicht des Arbeitnehmers, sich beruflich zu verändern, begründet keinen Freistellungsanspruch (ErfK/Müller-Glöge, § 629 BGB Rn 3).

 

Rz. 255

Was unter angemessener Zeit zu verstehen ist, entzieht sich einer generellen Festlegung für alle Arbeitsverhältnisse. Zu berücksichtigen sind bei der Ausfüllung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes der Beruf, die Branche, Ort, persönliche Chancen des Arbeitnehmers auf dem Stellenmarkt im Hinblick auf sein Alter, Ausbildung, Fähigkeiten, Flexibilität. Hierbei ist dem Arbeitnehmer ein Ermessensspielraum zuzubilligen, auf welche Stellenangebote er sich bewerben will. Der Arbeitnehmer muss sein Freizeitverlangen rechtzeitig geltend machen, sodass sich der Arbeitgeber zur Vermeidung von Betriebsablaufstörungen auf den Arbeitsausfall des Arbeitnehmers einrichten kann.

 

Rz. 256

Lehnt der Arbeitgeber schuldhaft das berechtigte Freistellungsverlangen ab, kann der Arbeitnehmer auf Gewährung klagen, eine einstweilige Verfügung erwirken, fristlos kündigen und nach §§ 628, 276 BGB Schadensersatz verlangen oder nach § 320 BGB seine Arbeitsleistung zurückhalten (ErfK/Müller-Glöge, BGB, § 629 Rn 10).

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