Rz. 344

Der Arbeitgeber hat gem. § 28d Abs. 1 SGB IV den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle (Krankenkasse) zu zahlen. Zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag gehören der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeitrag des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers. Nicht hierzu gehört die Umlage zur Unfallversicherung. Von der Zahlung des Beitrags ist die Tragung der Beiträge zu unterscheiden. Im Regelfall tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beiträge zur Hälfte, zahlungspflichtig ist aber allein der Arbeitgeber.

 

Beispiel

Vereinbart ist ein monatliches Gehalt von 2.000 EUR. Zur Rentenversicherung sind hiervon 18,6 % = 372 EUR, zur Krankenversicherung 14,6 % zzgl. Zusatzbeitrag (im Bespiel: 1,3 %) = 318 EUR, zur Pflegeversicherung (nicht kinderlos) 3,05 % = 61 EUR und zur Arbeitslosenversicherung 2,4 % = 48 EUR zu zahlen. Insgesamt sind an Beiträgen 799 EUR vom Arbeitgeber an die Einzugsstelle zu zahlen. Wegen der paritätischen Finanzierung werden vom Gehalt 399,50 EUR abgezogen. Für den Arbeitnehmer bleiben damit nur noch 1.600,50 EUR, auf die wiederum Steuern und weitere Abgaben anfallen.

 

Rz. 345

Ob Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu allen Versicherungszweigen beitragspflichtig sind, ergibt sich aus den Bestimmungen der Besonderen Teile des SGB, d.h. dem Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsrecht, die sich im SGB III, V, XI, und VI finden.

 

Rz. 346

Eine Beitragspflicht folgt meistens der Versicherungspflicht in einem oder allen Zweigen der Sozialversicherung. Versicherungspflicht wiederum ist in der Regel eine Folge des Vorliegens (abhängiger) Beschäftigung gem. § 7 Abs. 1 SGB IV.

 

Rz. 347

Beschäftigung gem. § 7 Abs. 1 SGB IV, häufig auch als abhängige Beschäftigung bezeichnet, kennzeichnet den Hauptanwendungsfall, der zur Versicherungspflicht in der Sozialversicherung führt. Beschäftigung und das Beschäftigungsverhältnis als Summe der hieraus folgenden Rechte und Pflichten sind mit dem arbeitsrechtlichen Arbeitsverhältnis nicht deckungsgleich. Dies gilt sowohl materiell-rechtlich als auch verfahrensrechtlich. Hält beispielsweise ein Arbeitsgericht wegen eines angenommenen selbstständigen Auftragsverhältnisses (z.B. Werkvertrag) den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht für eröffnet, bindet dies die Sozialgerichte bei der Beurteilung, ob ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis gegeben ist, nicht.

 

Rz. 348

Gesetzlich ist das Vorliegen von Beschäftigung nur sehr knapp geregelt. Beschäftigung ist gem. § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Ergänzend kann bei der Beurteilung die ab 1.4.2017 geltende Regelung des Arbeitsvertrags in § 611a BGB herangezogen werden. Auffallend ist, dass das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV regelmäßig zur Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses führt. Allerdings gilt dies nur, soweit materiell-rechtlich ein Arbeitsverhältnis besteht. Bestätigt oder verneint z.B. ein Arbeitsgericht das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses, entfaltet dies keine Bindungswirkung für die Sozialgerichte. Bedenken gegen die hinreichende Bestimmtheit von § 7 Abs. 1 SGB IV (Papier/Möller, VSSR 1996, 243) hat das BVerfG nicht geteilt (BVerfG (Kammer) v. 20.5.1996 – 1 BvR 21/96).

 

Hinweis

Sehr häufig ergeben sich Verwerfungen aus einer steuerrechtlich geprägten Gestaltung von Auftrags- bzw. Arbeitsverhältnissen. Regelmäßig wird bspw. mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ein Anstellungsvertrag mit allen Elementen abhängiger Beschäftigung geschlossen, um die Gehaltszahlungen als Betriebsausgaben absetzen zu können. Dieses Vorgehen zieht aber regelmäßig die Sozialversicherungspflicht als Beschäftigter nach sich.

 

Rz. 349

Unproblematisch sind die Fälle, in denen ein Arbeitsverhältnis offen auf der Hand liegt. In diesen Fällen ist regelmäßig ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis gegeben (§ 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV). In den übrigen Fällen empfiehlt sich eine gestufte Prüfung:

Akteure/Vertragspartner
Vertragliche Vereinbarungen
Tatsächliche Durchführung
Rechtliche Rahmenbedingungen

Persönliche Abhängigkeit

Eingliederung in Arbeitsorganisation
Weisungsgebundenheit
Unternehmerische Freiheit/Unternehmerrisiko
Gesamtbild
 

Rz. 350

Zunächst sind die Akteure festzustellen. Wer kommt als Arbeitgeber/Auftraggeber und Arbeitnehmer/Auftragnehmer in Betracht? Dies dürfte in der Mehrzahl der Fälle trivial sein, kann aber z.B. im Fall von Subaufträgen oder beim projektbezogenen Fremdpersonaleinsatz durchaus knifflig sein. Als zentrales Kriterium bietet sich die Beantwortung der Frage an, wer die Partner des Austauschverhältnisses sind, im Ergebnis: wer an wen zahlt.

 

Rz. 351

Dann ist die Tätigkeit zu definieren. Sie ergibt sich in der Regel aus den vertraglichen Vereinbarungen, die gewöhnlich schriftlich festge...

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