Rz. 1331

Ob und in welcher Art der Arbeitgeber eine Personalakte führt, obliegt allein seiner Entscheidung (GK-BetrVG/Wiese, § 83 Rn 7). Eine gesetzliche Verpflichtung besteht dazu nicht. Ein Arbeitnehmer hat daher auch keinen Anspruch darauf, dass eine geführte Personalakte mit fortlaufenden Seitenzahlen versehen ist (BAG v. 16.10.2007, BG 2008, 819, 820). Insb. wegen öffentlich-rechtlicher Melde- und Auskunftsverpflichtungen und der aus dem NachwG folgenden Pflicht zur schriftlichen Dokumentation der wesentlichen Arbeitsbedingungen entspricht das Führen von Personalakten der betrieblichen Praxis.

 

Rz. 1332

Der Begriff "Personalakte" ist gesetzlich nicht definiert. Allgemein wird unter dem Begriff eine Sammlung von Urkunden und Vorgängen verstanden, die sich auf die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers bezieht und im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht (BAG v. 13.4.1988, NZA 1988, 654–655). Es wird dabei zwischen der Personalakte im formellen und im materiellen Sinn unterschieden. Unter der Personalakte im formellen Sinn ist dabei die in Akten verwahrte und ggf. in Haupt- und Nebenakte unterteilte Sammlung der den Arbeitnehmer betreffenden Unterlagen zu verstehen. Maßgeblich für den Begriff der Personalakte ist allerdings die Personalakte im materiellen Sinn, der den Inhalt der Personalakte betrifft.

 

Rz. 1333

Die körperlich angelegte Personalakte ist kein gesetzlich bestimmter Tatbestand des BDSG. Da das BDSG aber den Umgang mit personenbezogenen Daten regelt, finden es für den Inhalt der Personalakte insoweit Anwendung, als in der Personalakte personenbezogene Daten enthalten sind. Die sog. elektronische Personalakte, die durch automatisierte Verfahren umgeordnet und ausgewertet werden kann, ist ungeachtet des Dateninhalts als Datei i.S.d. BDSG anzusehen. Wird die Personalakte elektronisch geführt, besteht nach § 26 BDSG eine Informationspflicht des Arbeitgebers.

 

Rz. 1334

Zu den Personalakten gehören alle Unterlagen über die Person des Arbeitnehmers, u.a. mithin seine Bewerbungsunterlagen, der Arbeitsvertrag, die Versicherungskarte, Eignungstestes, Beurteilungen, Aufzeichnungen über Fehlzeiten, Lohnpfändungen, Zeugnisse, Abmahnungen und Gegendarstellungen, polizeiliches Führungszeugnis, Versetzungsanträge sowie der arbeitsplatzbezogene Schriftwechsel mit dem Arbeitnehmer. Nicht in die Personalakte gehören Lohn- und Gehaltslisten, ärztliche Berichte des Betriebsarztes (vgl. Wlotzke/Preis/Preis, § 83 BetrVG Rn 5). Das Führen von geheimen Personalunterlagen (Geheimakten) ist unzulässig (Fitting, § 83 BetrVG Rn 5). Werden neben einer Hauptakte auch Nebenakten geführt, ist dies zur Sicherung des Einsichtsrechtes des Arbeitnehmers in der Hauptakte zu vermerken (vgl. LAG Bremen v. 4.3.1977, BB 1977, 648).

 

Rz. 1335

In die Personalakte darf der Arbeitgeber Unterlagen und Vorgänge, die ausschließlich das Privatleben des Mitarbeiters betreffen und keine oder allenfalls mittelbare Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben, nicht aufnehmen. Die Grenzen mögen im Einzelfall streitig sein, jedoch hat sich in der Praxis als Faustregel bewährt, dass alle Unterlagen zu Vorgängen, nach denen der Arbeitgeber bei der Einstellung nicht fragen darf, auch nicht während des Arbeitsverhältnisses in der Personalakte vermerkt werden dürfen. Dabei handelt es sich insb. um Angaben zu Gewerkschafts- oder Parteizugehörigkeit und Religion (auch wenn sich diese mittelbar aus der Lohnsteuerkarte ergibt).

 

Rz. 1336

Als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hat der einzelne Arbeitnehmer Anspruch auf Einsicht in seine eigene Personalakte (vgl. LAG Baden-Württemberg v. 20.12.2018 – 17 Sa 11/18, juris). Da lediglich ein Einsichtsrecht besteht, kann der Arbeitnehmer nicht verlangen, dass ihm die Personalakte körperlich überlassen wird. Das Anfertigen von Notizen oder Fotokopien auf eigene Kosten, sofern die Möglichkeit besteht, solche im Betrieb anzufertigen, ist ihm aber zu gestatten (Richardi/Thüsing, § 83 BetrVG Rn 17). Die Einsicht ist dort zu nehmen, wo die Personalakte geführt wird. Da für die Einsicht kein Grund bestehen muss, steht dem Arbeitnehmer das Einsichtsrecht während der üblichen Geschäftszeiten jederzeit zu (Fitting, § 83 BetrVG Rn 12). Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, hat der Arbeitnehmer nach § 83 BetrVG auch das Recht, bei der Einsicht ein Mitglied des Betriebsrates hinzuzuziehen. Der Arbeitnehmer kann ein Mitglied des Betriebsrats auch zur Einsichtnahme bevollmächtigen (vgl. Fitting, BetrVG, § 83 Rn 12). Da das Einsichtsrecht aber nur dem Arbeitnehmer selbst zusteht, dürfen dem Betriebsrat Personalakten auf Anforderung auch dann nicht zur Verfügung gestellt werden, wenn er sie für seine Aufgaben benötigt (Richardi/Thüsing, § 83 BetrVG Rn 25). Das Einsichtsrecht endet mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Zu diesem Zeitpunkt endet grds. auch die Pflicht zur Aufbewahrung der in der Personalakte befindlichen Unterlagen.

 

Rz. 1337

Ob dem Arbeitnehmer aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO ein weitergehend...

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