Rz. 1048

Die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur schriftlichen Abrechnung des Entgelts (§ 108 GewO), unabhängig von der Betriebsgröße, greift seit 1.1.2003. Zuvor ergab sich die Abrechnungspflicht des Arbeitgebers ggü. den vom Gesetz nicht erfassten gewerblichen Arbeitnehmern (Betriebe kleiner 20 gewerbliche Arbeitnehmer) und allen Angestellten aus der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht (Knipp, HwB AR, 1190 "Lohnbelege" Rn 2). Die Verpflichtung zur Lohn- und Gehaltsabrechnung stellte regelmäßig eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht des Arbeitgebers dar.

 

Rz. 1049

Die Verpflichtung zur Rechnungslegung bildet Teil des Lohn- oder Gehaltszahlungsanspruches (Knipp, HwB AR, 1190 "Lohnbelege" Rn 6). Durch § 108 Abs. 1 GewO wird diese Verpflichtung präzisiert. Die Abrechnung ist dem Arbeitnehmer bei Zahlung des Arbeitsentgeltes in Textform zu erteilen (§ 108 Abs. 1 S. 1 GewO i.V.m. § 126b BGB). Die Abrechnung kann auch nach einem Abrechnungssystem erfolgen und per E-Mail oder Fax übermittelt werden. Sie muss dem Arbeitnehmer jedoch nach allgemeinen Grundsätzen zugehen, deshalb genügt das Einstellen auf der Homepage des Erstellers, auf der der Arbeitnehmer seine Abrechnung anklicken kann, nicht aus. Der Empfänger kann hier, anders als bei Übersendung via E-Mail nicht entscheiden, ob er sie dauerhaft aufheben, speichern oder ausdrucken möchte. Die Abrechnung muss hinsichtlich der Zusammensetzung des Arbeitsentgeltes "insbesondere Angaben über Art und Höhe der Zuschläge, Zulagen, sonstige Vergütungen" enthalten (§ 108 Abs. 1 S. 3 GewO).

 

Rz. 1050

Hinsichtlich der Abzüge schreibt § 108 Abs. 1 S. 3 GewO Einzelnachweis vor, mit der Folge, dass in der Abrechnung detailliert Angaben über "Art und Höhe der Abzüge, Abschlagszahlungen sowie Vorschüsse" zu machen sind. Anlässlich der Lohn- und Gehaltsabrechnung wird die Höhe des vom Arbeitnehmer erzielten Lohnes oder Gehaltes für den Abrechnungszeitraum ermittelt. Sodann werden aus diesem Arbeitsentgelt die Beiträge zur Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie die Höhe der Steuern vom Lohn oder Gehalt einbehalten. Es sind nicht nur die öffentlich-rechtlichen Abzüge, sondern auch die privatrechtlichen Abzüge, die aufgrund einzelvertraglicher oder kollektiver Vereinbarung vorgenommen werden (z.B. Beiträge zu Pensions-, Urlaubs- oder Zusatzversorgungskassen, Lohn- oder Gehaltsabtretungen, Vertragsstrafen, Lohn- oder Gehaltsüberzahlungen, Vorschüsse, Darlehen), anzugeben (Knipp, HwB AR, 1190 "Lohnbelege" Rn 9). Nach § 15 Abs. 1 VermBG hat der Arbeitgeber bei jeder Lohn- oder Gehaltsabrechnung den Betrag der angelegten vermögenswirksamen Leistungen anzuführen. Die Lohn-/Gehaltsabrechnung muss schließlich den Nettolohn bzw. das Nettogehalt, also den Betrag ausweisen, der an den Arbeitnehmer ausgezahlt wird.

 

Rz. 1051

Die in der betrieblichen Praxis verwandten Formulare "Lohn-/Gehaltsabrechnung", die der Arbeitgeber seinen betrieblichen Bedürfnissen entsprechend auswählen kann, berücksichtigen regelmäßig die in § 108 GewO festgelegten Erfordernisse. Soweit Lohn- und Gehaltsabrechnungen mittels Datenverarbeitungsanlagen erfolgen, lassen sie regelmäßig die Zusammensetzung des Arbeitsentgelts und die Abzüge erkennen (Knipp, HwB AR, 1190 "Lohnbelege" Rn 10).

 

Rz. 1052

Bei festen Monatslöhnen oder -gehältern bedarf es gem. § 108 Abs. 2 GewO nach Erteilung einer "Grundabrechnung" einer neuen Abrechnung nur, wenn sich die Höhe (z.B. wegen Urlaubs- oder Weihnachtsgeld oder tariflicher Nachzahlung) ändert. Sind Lohn oder Gehalt wegen der geleisteten Stunden nicht gleichbleibend, bedarf es monatlicher Lohn-/Gehaltsabrechnungen. Aber auch in solchen Fällen besteht nicht ohne Weiteres ein Anspruch auf Erteilung einer Lohn-/Gehaltsabrechnung. Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses kann eine derartige Auskunftspflicht als Nebenfolge der Lohnzahlungspflicht nur anerkannt werden, wenn der Arbeitnehmer in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Anspruches im Ungewissen ist, der Arbeitgeber aber unschwer Auskunft erteilen könnte (BAG v. 15.6.1972, AP Nr. 14 zu § 242 BGB Auskunftspflicht m. Anm. Herschel = SAE 1973, 252 m. Anm. Peterek; s.a. BAG v. 18.1.1996, AP Nr. 25 zu § 242 BGB Auskunftspflicht; a.A. Hergenröder, AR-Blattei SD 180 Rn 37, die eine generelle Abrechnungspflicht annimmt). Dieser von der Rspr. entwickelte Grundsatz findet mit Wirkung des 1.1.2003 einen Niederschlag im Gesetz, denn in § 108 Abs. 2 GewO ist ausdrücklich bestimmt, dass die Verpflichtung zur Abrechnung entfällt, wenn sich die Angaben ggü. der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben. Bei einer Nettolohnvereinbarung, bei der der Arbeitnehmer monatlich feste Nettobezüge erhält, besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Lohn-/Gehaltsabrechnung. Hier weiß der Arbeitnehmer im Voraus, was er monatlich stets erhält (LAG Hamm v. 24.2.2000 – 4 Sa 1609/99, n.v.). Noch ungeklärt ist in diesem Zusammenhang, ob bei einer einmaligen Änderung der Abrechnung wegen Zahlung einer Gratifikatio...

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