Rz. 715

Die Feststellung der Angemessenheit der Vergütung des Erfinders und damit die Ermittlung der Höhe der Vergütung ist in der Praxis schwierig, weil hier eine Vielzahl nur schwer abzuschätzender Faktoren berücksichtigt werden muss.

 

Rz. 716

Eine Ausnahme stellt die Vergütung bei Hochschulerfindungen dar, für die bei einer Verwertung durch den Dienstherrn eine pauschale Vergütung von 30 % der durch die Erfindung erzielten Einnahmen vorgesehen ist, § 42 Nr. 4 ArbnErfG. Zu den Einnahmen gehören nicht nur Geldzahlungen, die dem Dienstherrn aufgrund der Verwertung der Erfindung zufließen, sondern auch alle sonstigen geldwerten Vorteile, wie etwa ersparte Schutzrechtskosten, die der Dienstherr erlangt (BGH v. 5.2.2013 – X ZR 59/12).

 

Rz. 717

Nach § 9 Abs. 2 ArbnErfG und den hierzu gem. § 11 ArbnErfG ergangenen Richtlinien des Bundesarbeitsministers für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten wie im öffentlichen Dienst sind bei der Vergütungsbemessung folgende Umstände zu berücksichtigen:

die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung,
die Aufgabe und Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb sowie
der Anteil des Betriebes selbst am Zustandekommen der Erfindung.
 

Rz. 718

Die umfangreichen Richtlinien sind keine verbindlichen Vorschriften, sie geben aber Anhaltspunkte für die Höhe der Vergütung (RL Nr. 1). Demzufolge sind weder die Arbeitsvertragsparteien noch die Schiedsstelle oder die Gerichte an diese Richtlinie gebunden, wenngleich sich diese in der Praxis hieran zu halten pflegen.

 

Rz. 719

Die Richtlinien gehen grds. davon aus, dass die Vergütung als laufende Beteiligung am Erfindungsnutzen des Arbeitgebers gezahlt wird. Aufgrund des erheblichen Verwaltungsaufwands, der sich aus der jährlichen Vergütungsberechnung ergibt, werden in der Industrie allerdings verstärkt Pauschalvergütungssysteme eingeführt, die häufig mit der Vereinbarung des Abkaufs der Arbeitgeberpflichten nach § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 2 und § 16 Abs. 1 ArbnErfG kombiniert werden (vgl. hierzu Trimborn, Mitt. 2006, 160; Hohagen/Burghart, GRUR-Prax. 2014, 317). Eine Pauschalvergütungsvereinbarung, bei der es sich um eine Vereinbarung im Sinne von § 12 Abs. 1 ArbnErfG handelt, kann wegen § 22 S. 1 ArbnErfG erst nach der Erfindungsmeldung abgeschlossen werden. Bei Abschluss der Pauschalvergütungsvereinbarung müssen die Vertragsparteien eine Prognose über die zukünftige Nutzung der Erfindung machen, wobei alle Umstände zu berücksichtigen sind, die ihnen bei Abschluss der Vereinbarung bekannt sind. Besondere Relevanz kommt bei Pauschalvergütungen § 23 ArbnErfG zu, wonach die Pauschalvergütungsvereinbarung bei erheblicher Unbilligkeit unwirksam ist. Zu beachten ist allerdings, dass der Pauschalvergütungsvereinbarung nach der Rechtsprechung des BGH ein Vergleich im Sinne von § 779 BGB zugrunde liegt, dem als "gewagtes Geschäft" das Risiko einer abweichenden Entwicklung immanent ist, sodass der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 ArbnErfG beschränkt ist (BGH v. 17.4.1973 – X ZR 59/69, GRUR 1973, 649 – Absperrventil). Bei abweichender Entwicklung ggü. der bei Abschluss der Pauschalvergütungsvereinbarung erwarteten Nutzung, kann aber ein Anspruch auf Anpassung der Vergütung nach § 12 Abs. 6 ArbnErfG bestehen (BGH v. 17.4.1973 – X ZR 59/69, GRUR 1973, 649 – Absperrventil). Eine wesentliche Veränderung der Umstände i.S.d. § 12 Abs. 6 ArbnErfG kann auch in der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses liegen, wenn die getroffene Vergütungsregelung an den Bestand des Arbeitsverhältnisses anknüpft, beispielsweise in Form einer Gehaltserhöhung während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses (LG Düsseldorf v. 25.3.2014 – 4a O 122/12).

 

Rz. 720

Der technische Aufbau der Richtlinien in drei Hauptteile gibt gleichzeitig auch das Grundschema für die Errechnung der Vergütung wieder:

Erfindungswert, d.h. der Wert der schutzfähigen Erfindung bzw. des technischen Verbesserungsvorschlages (Teil 1),
Anteilsfaktor, d.h. der Anteil des Arbeitnehmers hieran (Teil 2),
rechnerische Ermittlung der Vergütung sowie Art der Zahlung (Teil 3).
 

Rz. 721

Danach wird also zunächst der sog. Erfindungswert – und zwar ohne Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis – aufgrund der in der RL genannten drei Methoden festgestellt (RL Nr. 2 ff.), und zwar für patentfähige Erfindungen (RL Nr. 3 ff.), nur gebrauchsmusterfähige Erfindungen (RL Nr. 28) und schließlich für den sog. qualifizierten technischen Verbesserungsvorschlag (RL Nr. 29). Von diesem Erfindungswert werden die Vorteile, die der Arbeitnehmererfinder ggü. dem freien Erfinder hat, nach einem bestimmten Punkteschema abgezogen (sog. Anteilsfaktor, RL Nr. 30 ff.). Zu berücksichtigen ist ferner als dritter Faktor der Miterfinderanteil, wenn mehr als ein Erfinder an dem Schutzrecht beteiligt ist.

Die Errechnung der Vergütung kann danach auf folgende Grundformel gebracht werden:

Vergütung = Erfindungswert (EUR) × Anteilsfaktor (%) × Miterfinderanteil.

 

Rz. 722

Der in Geld ausgedrückte sog. Erfindungswert kann nach den Richtlinien auf ...

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