A. Unbekanntheit oder Ungewissheit eines Beteiligten

 

Rz. 1

Zitat

"Ist unbekannt oder ungewiss, wer bei einer Angelegenheit der Beteiligte ist, so kann dem Beteiligten für diese Angelegenheit, soweit eine Fürsorge erforderlich ist, ein Pfleger bestellt werden. Insbesondere kann einem Nacherben, der noch nicht gezeugt ist oder dessen Persönlichkeit erst durch ein künftiges Ereignis bestimmt wird, für die Zeit bis zum Eintritt der Nacherbfolge ein Pfleger bestellt werden" (§ 1913 BGB).

Bei Vorliegen der Voraussetzungen der Nachlasspflegschaft findet § 1913 BGB keine Anwendung.[1]

 

Rz. 2

Ein Beteiligter ist unbekannt, wenn seine Identität unklar ist. Ungewiss ist eine Person, wenn unter bekannten Personen unklar bzw. streitig ist, ob eine Berechtigung vorliegt.[2] § 1913 überträgt den Grundgedanken der Nachlasspflegschaft auf andere Angelegenheiten.[3] Insoweit muss die Unbekanntheit bzw. Ungewissheit rechtlicher Art sein.

 

Rz. 3

Als Beteiligte kommen eine natürliche oder juristische Person in Betracht. Ausgeschlossen ist die Pflegschaft, wenn bei einer juristischen Person lediglich deren Organ oder Vertreter unbekannt ist.[4] Die Anordnung einer Pflegschaft für unbekannte Beteiligte ist immer subsidiär. Liegen z.B. die Voraussetzungen für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft vor, so scheidet die Pflegschaft nach § 1913 BGB aus.[5]

[1] BeckOK-BGB/Bettin, § 1913 Rn 2.
[3] Palandt/Götz, § 1913 Rn 1.
[4] Palandt/Götz, § 1913 Rn 2.
[5] BeckOK-BGB/Bettin, § 1913 Rn 2.

B. Fürsorgebedürfnis

 

Rz. 4

Für die Anordnung der Pflegschaft muss ein gegenwärtiges Fürsorgebedürfnis bestehen, das sich nach dem Interesse des unbekannten Beteiligten beurteilt, nicht nach dem Interesse Dritter, das allerdings daneben bestehen kann.[6]

Das Fürsorgebedürfnis fehlt, wenn der Beteiligte anderweitig vertreten wird, mithin andere Personen dessen Interessen wahrnehmen. Hier können der Testamentsvollstrecker, der Nachlasspfleger oder auch der gesetzliche Vertreter nach Vermögensgesetz benannt werden. Weiterhin schließen Sondervorschriften, wie § 17 SachenRBerG oder § 207 BauGB ein Fürsorgebedürfnis im Sinne von § 1913 BGB aus.[7]

[6] NK-BGB/Rohde, § 1913 Rn 8.
[7] Palandt/Götz, § 1913 Rn 3.

C. Pfleger für Nacherben

 

Rz. 5

In § 1913 S. 2 BGB regelt das Gesetz selber den Sonderfall des Vorliegens einer ungewissen Beteiligung. Diese wird durch die Vorschrift vorausgesetzt. Soweit Rechte des Nacherben zu wahren sind oder auch zur Gewährung des rechtlichen Gehörs, kann nach Satz 1 ein Pfleger bestellt werden.

 

Rz. 6

Der Wirkungskreis der Pflegschaft ergibt sich aus dem Bestellungsbeschluss. Die mit dem Wirkungskreis einhergehende Vertretungsmacht des Pflegers bindet auch das Prozessgericht.[8]

[8] BGH v. 20.2.1968 – V BLw 34/67, BeckRS 1968, 31171952.

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