Rz. 55

§ 7 KSchG bestimmt, dass die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam gilt, wenn ihre Rechtsunwirksamkeit nicht rechtzeitig geltend gemacht wird (§§ 4 S. 1, 5, 6 KSchG). Wie oben bereits ausgeführt, muss die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung binnen der dreiwöchigen Klagefrist (von den vorbesprochenen Ausnahmen mit verlängerten Fristen einmal abgesehen) durch fristgerechte Klagerhebung geltend gemacht werden, um die Fiktionswirkung des § 7 KSchG nicht eintreten zu lassen. Die Fiktionswirkung nach § 7 KSchG tritt ebenfalls dann nicht ein, wenn die Klage nachträglich zugelassen wird bzw. wenn innerhalb der verlängerten Anrufungsfrist gem. § 6 KSchG die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist, allerdings nach fristgerechter Erhebung, weitere Unwirksamkeitsgründe gegen die Kündigung geltend gemacht werden. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus dem Klammerzusatz in § 7 Hs. 1 KSchG, wo §§ 4 S. 1, 5 und 6 KSchG ausdrücklich in Bezug genommen sind.

 

Rz. 56

Das hat zur Konsequenz: Ist die Rechtsunwirksamkeit einer schriftlichen Kündigung nicht innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist bzw. der in besonderen Fällen verlängerten Klagefrist durch fristgerecht eingereichte Kündigungsfeststellungsklage geltend gemacht worden und ist sie auch nicht nach § 5 KSchG nachträglich zuzulassen, so gilt die Kündigung gem. § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Die Versäumung der maßgeblichen Klagefrist heilt jeden Mangel der vom Kündigungsberechtigten ausgesprochenen schriftlichen Kündigung, abgesehen von dem Fall, dass die Klage nachträglich zuzulassen ist.

 

Rz. 57

Die Klagefrist gilt für jede arbeitgeberseitige Kündigung im Anwendungsbereich des KSchG und außerhalb seines Anwendungsbereichs. Sie gilt für außerordentliche und fristlose sowie für entfristete, vorsorgliche und jede andere Kündigung.

 

Rz. 58

Hat der Arbeitnehmer gem. § 4 S. 1 KSchG oder gem. § 13 Abs. 1 S. 2 KSchG i.V.m. § 4 S. 1 KSchG die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung rechtzeitig innerhalb der maßgeblichen Klagefrist geltend gemacht oder ist die Klage auf seinen Antrag hin nachträglich zugelassen worden, so kann der Arbeitnehmer innerhalb der verlängerten Anrufungsfrist des § 6 KSchG weitere Unwirksamkeitsgründe in den Prozess einführen.

 

Rz. 59

§ 7 KSchG heilt so nach neuem Recht rückwirkend jedwede Rechtsunwirksamkeit mit Ausnahme des Schriftformerfordernisses gem. § 623 BGB und der fehlenden Vertretungsmacht.

 

Rz. 60

Wenn der Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen hat, wird es – im Hinblick auf die einheitliche Klagefrist – die für alle Unwirksamkeitsgründe gilt, kaum möglich sein, bei verspäteter Klageerhebung und nicht vorliegenden Gründen für eine nachträgliche Zulassung von einer Verwirkung des Rechts, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen, auszugehen. Etwas anderes gilt grundsätzlich nur für den Fall der formunwirksamen Kündigung.[72] Ein Sonderfall aber verbleibt: Der Arbeitnehmer hat fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben, obsiegt erstinstanzlich, erhält sodann eine weitere Kündigung, die er (ausschließlich) im Wege der Anschlussberufung angreift. Nimmt nunmehr der Arbeitgeber die Berufung gegen das für ihn ungünstige erstinstanzliche Urteil zurück, kann der Arbeitnehmer in analoger Anwendung des § 5 Abs. 3 S. 1 KSchG die "zweite" Kündigung innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis von der Berufungsrücknahme anhängig machen. Versäumt er dies, so gilt die "zweite" Kündigung gem. § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam.[73]

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