Rz. 10

Gem. § 4 S. 1 KSchG muss ein Arbeitnehmer, der geltend machen will, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Entspricht der Feststellungsantrag des klagenden Arbeitnehmers dem Wortlaut des § 4 S. 1 KSchG, ist nach herrschender Meinung Streitgegenstand die Frage, ob das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung zu einem bestimmten Termin aufgelöst worden ist oder nicht, sog. punktuelle Streitgegenstandstheorie.[8] Allerdings gilt insoweit nach neuerer Rechtsprechung des BAG ein erweiterter punktueller Streitgegenstand.[9] Das heißt: Die einem Antrag nach § 4 S. 1 KSchG stattgebende Entscheidung enthält zugleich die Feststellung, dass zum angestrebten Auflösungszeitpunkt ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien noch bestanden hat. Mit Rechtskraft einer solchen Entscheidung steht darum grundsätzlich fest, dass das Arbeitsverhältnis bis zu dem vorgesehenen Auflösungstermin auch nicht durch mögliche andere Beendigungstatbestände aufgelöst worden ist, selbst wenn diese von keiner Seite in den Prozess eingeführt wurden. Damit liegt in der Kündigungsschutzklage zugleich der Angriff gegen solche Kündigungen, die dem Arbeitnehmer noch während des Laufs der von der ersten Kündigung ausgelösten Auflösungsfrist zugehen und innerhalb dieser Frist oder zeitgleich mit ihrem Ablauf Wirkung entfalten sollen.[10] Zudem schließt die Rechtskraft einer stattgebenden Entscheidung über eine Klage nach § 4 S. 1 KSchG gemäß § 322 ZPO im Verhältnis der Parteien zueinander eine hiervon abweichende gerichtliche Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt aus.[11] Dies gilt jedoch nur, soweit der Gegenstand der Kündigungsschutzklage nicht durch den Kläger auf die konkret angegriffene Kündigung beschränkt worden ist und somit die Frage, ob auch noch im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, gerade nicht Streitgegenstand der betreffenden Klage war.[12] Es wird aber auch die Auffassung vertreten, Streitgegenstand des Kündigungsschutzprozesses sei der Bestand des Arbeitsverhältnisses zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung, sog. weiter bestandsrechtlicher Streitgegenstandsbegriff.[13]

[8] St. Rspr.: BAG v. 13.11.1997, Nr. 169 zu § 613a BGB; BAG v. 18.3.1999, EzA § 613a BGB Nr. 179.
[13] Vgl. dazu Weißenfels, BB 1996, 1326 m.w.N.

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