Rz. 11

Der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs kann nur durch die in § 35 GBO genannten Urkunden geführt werden. Dies sind (jeweils in beglaubigter Abschrift, § 35 Abs. 1 GBO):

der Erbschein,
das Europäische Nachlasszeugnis gem. Art. 62 ff. EuErbVO, welches dazu dient, Erbsachen mit grenzüberschreitendem Bezug effektiver abzuwickeln, oder
eine notarielle Verfügung von Todes wegen mit nachlassgerichtlichem Eröffnungsprotokoll.
 

Rz. 12

Erbschein i.S.v. § 35 Abs. 1 S. 1 GBO ist nur der von einem deutschen Nachlassgericht erteilte Erbschein und nicht die Erbbescheinigung eines ausländischen Nachlassgerichts.[11] Daran ändern die Regelungen in § 108 FamFG nichts; § 35 Abs. 1 GBO hat insoweit Vorrang.[12] Es würde nur dann etwas anderes gelten, wenn zwischen Deutschland und dem betreffenden Staat staatsvertragliche Regelungen über die Anerkennung von Erbnachweisen geschlossen worden wären, vgl. § 97 Abs. 1 S. 1 FamFG. Solche staatsvertraglichen Regelungen bestehen derzeit jedoch lediglich zum materiellen Erbrecht und nicht im Hinblick auf das formelle Recht.

 

Rz. 13

§ 35 Abs. 1 S. 1 GBO ist, soweit die Vorlage eines Erbscheins als Unrichtigkeitsnachweis erforderlich ist, vor dem Hintergrund zu sehen, dass sowohl dem Grundbuch als auch dem Erbschein eine Richtigkeitsvermutung und eine Rechtsscheinwirkung zukommt (§§ 891, 892 BGB für das Grundbuch; §§ 2365, 2366 BGB für den Erbschein). Der Erbschein ist in Urschrift oder Ausfertigung vorzulegen; eine beglaubigte Abschrift genügt nicht, weil nur Urschrift oder Ausfertigung die Vermutung des § 2365 BGB haben; die Ausfertigung ersetzt im Rechtsverkehr die Urschrift, § 47 BeurkG analog. Wird der Erbschein wegen Unrichtigkeit eingezogen (§ 2361 BGB), so muss auch die Ausfertigung zu den Nachlassakten gegeben werden, nicht aber die Abschrift.[13]

 

Rz. 14

Für das Europäische Nachlasszeugnis ist in Art. 69 Abs. 5 EuErbVO geregelt, dass dieses für die Eintragung (und Umschreibung) des Nachlassvermögens im einschlägigen Register eines Mitgliedstaates als Nachweis ausreichend sein soll, der Nachweis der Erbfolge kann vor dem Grundbuchamt nach § 35 Abs. 1 GBO also auch mithilfe eines Europäischen Nachlasszeugnisses in beglaubigter Abschrift geführt werden. Das Europäische Nachlasszeugnis wurde durch die Art. 62 ff. EuErbVO für Erbfälle mit grenzüberschreitendem Bezug ab dem 17.8.2015 eingeführt.[14] Es soll bei Erbfällen mit Auslandsbezug den Rechtsverkehr erleichtern, indem Erben, Vermächtnisnehmer, Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter ihre Rechte und Befugnisse in einem anderen Mitgliedstaat einfach nachweisen können, Erwägungsgrund 67 der EuErbVO.[15] Allerdings kann die Richtigkeit des Europäischen Nachlasszeugnisses nur während der sechsmonatigen Gültigkeitsdauer vermutet werden. Entsprechendes gilt für den Gutglaubensschutz. Da das Europäische Nachlasszeugnis nur auf Antrag verlängert wird, muss das Grundbuchamt dem Antragssteller daher, wenn das Grundbuchverfahren länger dauert, ggf. per Zwischenverfügung aufgeben, ein verlängertes oder neues Europäisches Nachlasszeugnis vorzulegen.[16]

 

Rz. 15

Befinden sich Grundbuchamt und Nachlassgericht beim gleichen Amtsgericht, so ist die Vorlage einer Erbscheinsausfertigung nicht erforderlich; es reicht vielmehr, im Grundbuchantrag auf den in den Nachlassakten befindlichen Erbschein zu verweisen.[17] Dasselbe gilt wohl auch für das Europäische Nachlasszeugnis.

 

Rz. 16

Im Geltungsbereich der Höfeordnung reicht allerdings zum Nachweis des Erbrechts bei Nachlässen, in denen sich ein Hof befindet, allein die Vorlage eines vom Nachlassgericht ausgestellten Erbscheins nicht aus. Denn nach § 18 Abs. 2 S. 2 HöfeO muss der Erbschein den Hoferben als solchen bezeichnen. Dazu ist die Vorlage eines Hoffolgezeugnisses erforderlich.[18] Dem Erben wird auf Antrag ein auf die Hoffolge beschränkter Erbschein erteilt (sog. Hoffolgezeugnis, vgl. § 18 Abs. 2 S. 2, 3 HöfeO).

[12] KG, Beschl. v. 25.9.2012 – 1 W 270/12, 1 W 271/12, ZEV 2013, 153.
[14] BeckOK GBO/Wilsch, 32. Ed., § 35 Rn 34; Bredemeyer, ZEV 2016, 66; vgl. auch zur Möglichkeit des Erbnachweises durch ein Europäisches Nachlasszeugnis OLG München, Beschl. v. 4.8.2016 – 34 Wx 139/16; Lange, DNotZ 2016, 103.
[15] Dorsel, ZErb 2014, 212; Bredemeyer, ZEV 2016, 66; Köhler, in: Gierl/Köhler/Kroiß/Wilsch, Internationales Erbrecht, Teil 1 § 7 Rn 1.
[16] Lange, DNotZ 2016, 103, 110 ff.
[18] OLG Köln NJWE-FER 2000, 62.

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