Rz. 59

Im Einzelnen ist ein lebzeitiges Eigeninteresse in der Rechtsprechung bisher in folgenden Fällen bejaht worden:

Wenn der Erblasser die Schenkung gegenüber einer jüngeren Ehefrau im Hinblick auf die spätere Betreuung und Pflege gemacht hat.[127]
Zur Erfüllung einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem zweiten Ehegatten durch Bestellung eines Nießbrauchs.[128]
Wenn die Übertragung eines Geschäftsanteils auf einen Mitarbeiter erfolgte, um diesen aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten im Betrieb zu halten.[129]
Wenn die Schenkung aus ideellen Gründen als Belohnung für geleistete Dienste in angemessenem Umfang erfolgte, beispielsweise für eine Pflege, auch wenn der Erblasser damit den Dank für geleistete Dienste abstatten wollte.[130]
Wenn die Schenkung der Sicherung der Versorgung eines pflegebedürftigen Sohnes gedient hat.[131]
Wenn mit der Schenkung die Interessen des Vertragserben wahrgenommen wurden oder wenn der Vertragserbe sich schwerer Verfehlungen gegenüber dem Erblasser schuldig gemacht hat[132] oder wenn der Erblasser die Schenkung aus Gründen der Altersversorgung vorgenommen hat.[133]
Wenn der Erblasser im Interesse der Gleichbehandlung der Vertragserben und des Rechtsfriedens einen vermeintlichen Wertverlust bei anderen Vermögensgegenständen ausgleichen und somit dem Erbvertrag Genüge tun will.[134]
 

Rz. 60

Ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers wurde in der Rechtsprechung bisher verneint:

Wenn der Erblasser nach Abschluss des Erbvertrags zum Beschenkten eine enge persönliche Beziehung entwickelte und durch die Schenkung seine Zuneigung bekunden wollte.[135]
Wenn der Erblasser die Schenkung gemacht hat, weil er feststellen musste, dass er den Beschenkten im Rahmen der Verfügung von Todes wegen zu gering bedacht hatte.[136]
Wenn die Schenkung darauf gerichtet war, die Verfügung von Todes wegen zu korrigieren.[137]
Wenn sich der Erblasser gegenüber den Vertragserben anderweitig gebunden hat, Ausgleichungen wegen Wertänderung zu unterlassen.[138]
Wenn der Erblasser durch lebzeitige Verfügung für eine Gleichbehandlung seiner Abkömmlinge sorgen wollte.[139]
[128] BGH ZEV 1996, 25.
[129] BGHZ 97, 188, 193.
[130] BGHZ 66, 8, 16; BGH NJW 2000, 3488 = ZEV 2000, 449; OLG Köln FamRZ 1992, 607; BGH FamRZ 1986, 1079.
[131] BGH NJW-RR 1987, 2 = FamRZ 1986, 980.
[132] BGH MDR 1981, 582.
[133] BGHZ 77, 264.
[134] OLG Düsseldorf ZEV 2001, 110.
[135] BGH FamRZ 1992, 607.
[136] BGHZ 77, 264.
[137] BGHZ 66, 8; OLG Celle FamRZ 2003, 1971 = ZEV 2003, 417 = OLGR Celle 2003, 326.
[138] OLG Düsseldorf ZEV 2001, 110.
[139] BGH ZEV 2005, 479. Der BGH führt aus, eine Gleichbehandlung der Kinder könne über das Ausgleichungsrecht (§§ 2050 ff. BGB), eine entsprechende Anordnung in einer Verfügung von Todes wegen oder über das Recht der Anrechnung beim Pflichtteil (§ 2315 BGB) vom Erblasser herbeigeführt werden.

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