Rz. 58

Die in § 8 ABU/ABN geregelte Fälligkeit des Entschädigungsanspruchs lehnt sich an die gesetzliche Umschreibung in § 14 VVG an. Die Beendigung der Erhebungen der Versicherungsgesellschaft, die ergänzend dahin zu verstehen ist, dass es notwendige Erhebungen sein müssen,[227] stellt auf Maßnahmen ab, die ein durchschnittlich sorgfältiger Versicherer des entsprechenden Versicherungszweiges anstellen muss, seine Leistungspflicht und den Umfang der von ihm zu erbringenden Leistungen zu prüfen und festzustellen.[228] Da der Bauunternehmer oder sonstige Versicherungsnehmer an einer schnellen Entschädigung ein großes Interesse haben, wird eine Verpflichtung der Versicherungsgesellschaft zu einer zügigen Durchführung von Prüfung und Zahlung angenommen.[229] Wird diese Pflicht verletzt, wird in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 162 BGB eine Fälligkeit zu dem Zeitpunkt angenommen, in dem bei gebotener zügiger Prüfung die Fälligkeit anzunehmen gewesen wäre.[230] Gemildert wird der für den Versicherungsnehmer und die Mitversicherten bestehende Zeitdruck dadurch, dass sie eine Abschlagszahlung in der Höhe verlangen können, der dem ihnen zustehenden Mindestentschädigungsanspruch entspricht (§ 8 Nr. 1 S. 2 ABU/ABN).

Der Nachweis der Verletzung der Pflicht zur zügigen Ermittlung und des Mindestentschädigungsanspruchs ist mit Nachweisproblemen verbunden. Eine gerichtliche Geltendmachung wird nicht zu einer raschen Erledigung führen.

 

Rz. 59

§ 8 Nr. 2 a) ABU/ABN verschiebt den Zinsbeginn auf den Zeitpunkt der Fälligkeit. Diese Bestimmung weicht von der gesetzlichen Regelung des § 91 VVG ab, wonach der Zinsbeginn auf den Ablauf eines Monats nach der Anzeige des Versicherungsfalls datiert wird. Da die Entschädigung dem Versicherungsnehmer, der erfolgreich einen Anspruch aus der Bauleistungsversicherung verfolgt, schon zum Zeitpunkt der Anzeige des Versicherungsfalles zustand, der Fälligkeitszeitpunkt nur das Datum der schließlich auch von dem Versicherer gewonnene Erkenntnis der Eintrittspflicht beschreibt, ist für ein Hinausschieben der Zinspflicht kein überzeugender Grund zu erkennen. Die in § 91 VVG bestimmte Verzinsung von versicherungsrechtlichen Entschädigungsleistungen ab einem Monat nach der Anzeige des Versicherungsfalles trägt dem Umstand Rechnung, dass vor allem bei erheblichen Sachschäden langwierige Ermittlungen durchgeführt werden, die die Auszahlung der Entschädigung verzögern.[231] Diese Nachteile sollen durch die Verzinsung der Entschädigungsforderung ausgeglichen werden. Damit verstößt § 8 Nr. 2 a) ABU/ABN gegen das Leitbild des § 91 VVG, so dass eine Unwirksamkeit der Klauseln der Bedingungswerke nach § 307 Abs. 2 BGB vorliegt, der zur Ersetzung der Klauseln durch § 91 VVG führt.[232]

§ 8 Nr. 3 ABU/ABN regelt die Hemmung von Fristen für Entschädigungs- und für den Zinsanspruch. Verzögert der Versicherungsnehmer die Ermittlungstätigkeit der Versicherung etwa durch schuldhafte, die Regulierung des Schadens verzögernde Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, wird der Zeitraum dieses Verhaltens nicht für die Bestimmung der Fälligkeit und der Verzinsungspflicht eingerechnet. Schließlich kann der Versicherer die Zahlung der Entschädigung und damit auch die Verzinsungspflicht in den in § 8 Nr. 4 ABU aufgeführten Fällen aufschieben. Bei Zweifeln an der Empfangsberechtigung des Versicherungsnehmers, etwa weil Dritte eine Pfändung der Forderung angezeigt haben, eine Verpfändung vorliegt, der Versicherungsnehmer verstorben ist oder der als Erbe Auftretende keinen ihn legitimierenden Erbschein vorlegt, bestehen Ungewissheiten an der Empfangsberechtigung, die im Rahmen der Prüfung der Versicherung zu klären sind. Für den Fall der Abtretung der Entschädigungsforderung versucht § 8 Nr. 5 ABU/ABN solche Zweifel an der Empfangsberechtigung auszuschließen. Danach können vor Fälligkeit Entschädigungsforderungen nur mit Zustimmung des Versicherers abgetreten werden. Allerdings ist eine Abtretung ohne Zustimmung des Versicherers wirksam, wenn hierfür für den Versicherer ein wichtiger Grund besteht. Zusätzlich überwindet § 354a HGB bei Vorliegen eines beiderseitigen Handelsgeschäftes das Abtretungsverbot.[233]

Eine weitere Möglichkeit für den Bauleistungsversicherer, die Zahlung der Entschädigung aufzuschieben, bietet die in § 8 Nr. 4 b) ABU/ABN eingeräumte Möglichkeit, ein behördliches oder strafrechtliches Ermittlungsverfahren dem fälligen Entschädigungsanspruch im Wege des Zurückbehaltungsrechtes entgegen zu halten.[234] Hat das Ermittlungsverfahren Bedeutung für die Frage der Entschädigungspflicht, etwa weil ein betrügerisches Verhalten des Versicherungsnehmers oder eine vorsätzlich Herbeiführung des Versicherungsfalls in Frage steht, kann der Versicherer dem Entschädigungsanspruch aber nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Ermittlungsverfahren den ihm zugebilligten Zahlungsaufschub entgegen halten.[235] Das wird wegen der fehlenden Bestimmtheit der Reichweite der Hemmungswirkung nach § 308 Nr. 1 BGB für unwirksam g...

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