Rz. 30

Der Nachlassverwalter ist nicht nur im Interesse des Erben tätig, vielmehr nimmt er die Belange aller Beteiligten, insbesondere auch der Nachlassgläubiger wahr. Damit ist er nach ganz herrschender Meinung nicht gesetzlicher Vertreter des Erben, sondern amtlich bestelltes Organ zur Verwaltung einer fremden Vermögensmasse mit eigener Parteistellung.[23]

 

Rz. 31

Rechtsträger bleibt weiterhin der Erbe, insoweit besteht Vergleichbarkeit zur Testamentsvollstreckung.

 

Praxishinweis

Wie schon dem Testamentsvollstrecker, so kann auch dem Nachlassverwalter nur geraten werden, seine Rechtsstellung ausdrücklich offenzulegen, z.B. durch die Verwendung der Formulierung: "handelnd als Nachlassverwalter über den Nachlass des (...)"

 

Rz. 32

Unterbleibt diese Offenlegung, verpflichtet er nicht den Erben als Träger des Nachlasses, sondern haftet dem Vertragspartner persönlich. Unter Umständen kann ein Aufwendungsersatzanspruch in Betracht kommen, wenn das Geschäft im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung erfolgte.

 

Rz. 33

Aus der Definition der Nachlassverwaltung als Nachlasspflegschaft in § 1975 BGB folgt, dass nach § 1915 BGB die Regeln über die Vormundschaft (§§ 1773 ff. BGB, beachte Änderungen zum 1.1.2023[24]) entsprechend anwendbar sind, es sei denn, es wurde gesetzlich ausdrücklich etwas anderes bestimmt. Damit unterliegt der Nachlassverwalter dem Selbstkontrahierungsverbot nach § 1795 Abs. 2 BGB (ab dem 1.1.2023: § 1824 Abs. 2 BGB n.F.), § 181 BGB, von dem er – anders als der Testamentsvollstrecker – auch nicht durch den Erblasser befreit werden kann. Vergleichbar zum Testamentsvollstrecker ist das Recht zur Vornahme von Schenkungen geregelt. Es beschränkt sich gemäß § 1804 BGB (ab 1.1.2023: § 1854 Nr. 8 BGB n.F.) auf Anstandsschenkungen. Das in § 1815 BGB ausdrücklich normierte Verbot für den Nachlassverwalter, das Vermögen weder für sich noch für einen Gegenverwalter zu verwenden, ergibt sich im Recht der Testamentsvollstreckung aus allgemeinen Grundsätzen.

[23] Klinck, in: jurisPK-BGB, § 1985 BGB Rn 4 m.w.N.
[24] Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts v. 4.5.2021, BGBl. I 2021, 882, m.W.v. 1.1.2023. Siehe dazu mit Synopsen Kurze, Die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, 2022.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge