Rz. 5

In beiden Fällen steht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dahinter, der vor Versagung der FE oder vor Entziehung der FE die mildere und ausreichende Maßnahme der Beschränkung bzw. Auflage notwendig macht.

 

Rz. 6

In beiden Fällen muss aber auch ein Fall der bedingten Eignung vorliegen. Der VGH BW hat angenommen, dass eine bedingte Eignung zum Führen nur landwirtschaftlicher Fahrzeuge bei Alkoholauffälligkeit nicht in Frage kommt.[1] Die Wahrscheinlichkeit, dass der Betroffene eine landwirtschaftliche Zugmaschine unter Alkoholeinfluss führt, ist nämlich nicht geringer als diejenige von Trunkenheitsfahrten mit sonstigem Kfz. Bei alkoholbedingt fehlerhaften Kreuzungs- und Abbiegemanövern bringen sie eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer mit sich. Dies gilt trotz einer ansonsten geringeren Unfallträchtigkeit von Fahrten mit landwirtschaftlichen Zugmaschinen.[2]

 

Rz. 7

Es obliegt dem Betroffenen, entsprechende Angaben zu machen, die die Feststellung einer partiellen Fahreignung ermöglichen.[3] Insofern wird jedenfalls keine behördliche Prüfung "ins Blaue hinein" zu erfolgen haben. Anders ist es nur, wenn sich die partielle Fahreignung bei vernünftiger Betrachtungsweise aufdrängt.

 

Rz. 8

Die bedingte Eignung wird dadurch kompensiert, dass durch die Beschränkung bzw. Auflage das beim FE-Bewerber/-Inhaber aufgetretene Gefahrenpotential so reduziert wird, dass die Verkehrssicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer sichergestellt ist.

 

Rz. 9

Vor dem Hintergrund des § 2 StVG, der ja grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf eine FE normiert, besteht im Falle der bedingten Eignung auch ein Anspruch auf eine beschränkte FE bzw. eine FE unter Auflagen.

 

Rz. 10

Eine Auflage ist eine Bestimmung, durch die dem Betroffenen ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (§/Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 des jeweiligen Landes VwVfG). Sie beinhaltet die Anweisung an den FE-Bewerber/Inhaber der FE, sich in bestimmter Weise zu verhalten, z.B.:

Tragen einer Sehhilfe (Brille/Kontaktlinsen),[4]
Fahrten nur in einem bestimmten Gebiet,
Umkreisbeschränkung,[5]
Tageszeitbeschränkung,[6]
Fahrbeschränkungen aus medizinischen Gründen,[7]
Fahrten nur auf bestimmten Straßen,
Fahrten nur zu bestimmten Zwecken,
bestimmte Höchstgeschwindigkeit nicht zu überschreiten,
Anordnung einer Nachuntersuchung,[8]
Anordnung, einen Kurs zu besuchen.[9]
 

Rz. 11

Eine Beschränkung liegt (insbesondere) vor, wenn die FE

nur für eine bestimmte Fahrzeugart (z.B. Pkw bis … Hubraum),
bestimmte Fahrzeugklassen[10] oder
für ein bestimmtes Fahrzeug mit besonderen Einrichtungen (z.B. automatisches Getriebe, besonderes Lenkrad)

erteilt wird (§ 23 Abs. 2 S. 2 FeV).

 

Rz. 12

Die Beschränkung bzw. die Auflage muss geeignet, erforderlich und angemessen sein; sie muss also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

[1] VGH BW NZV 1993, 495 = zfs 1994, 151.
[2] VGH BW NZV 1993, 495 = zfs 1994, 151.
[3] BayVGH BayVBl 1995, 436 = zfs 1995, 400 – Ls.
[4] Siehe dazu FeV, Anlage 9, II Liste der Schlüsselzahlen, Punkt 01.
[5] Siehe FeV, Anlage 4, Ziff. 4.5.2; vgl. auch Anlage 9, II Liste der Schlüsselzahlen, Punkt 05.02.
[6] Siehe FeV, Anlage 4, Ziff. 4.5.2; vgl. auch Anlage 9, II Liste der Schlüsselzahlen, Punkt 05.01.
[7] Siehe dazu FeV, Anlage 9, II Liste der Schlüsselzahlen.
[8] VGH BW zfs 1997, 78; VG Stade, Urt. v. 23.7. 2003 – 1 A 1865/02, zfs 2003, 574. Bestätigt ein im gerichtlichen Verfahren um die Entziehung der FE eingeholtes Gutachten, dass Anorexia nervosa (Magersucht) eine Erkrankung des ganzen Menschen darstelle, in deren Verlauf die Fähigkeit zum sicheren Führen von Kfz phasenweise aufgehoben sein kann, und endet das Gutachten dann aber mit einer günstigen Krankheits- und Verkehrsprognose, so vermag diese Prognose an der Rechtmäßigkeit der seinerzeit ergangenen Entziehung der FE grundsätzlich nichts mehr zu ändern. Nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens eintretende Umstände können nicht mit der Klage gegen den Entziehungsbescheid geltend gemacht werden. Das Gutachten wird allerdings im Rahmen einer Entscheidung über die Wiedererteilung der FE zu berücksichtigen sein, so dass davon ausgegangen werden kann, dass ein entsprechender Antrag alsbald positiv entschieden wird. Dabei ist dann auch darüber zu entscheiden, ob die FE lediglich unter Auflagen gemäß § 23 Abs. 2 FeV erteilt werden kann. Hier bietet sich an, dass der betroffene Kraftfahrer sich über eine geraume Zeit in im Einzelnen zu bestimmenden Abständen hinsichtlich der Stabilisierung seines Gesundheitszustandes untersuchen lassen muss (VG Stade, Urt. v. 23.7.2003 – 1 A 1865/02, zfs 2003, 574).
[9] VG Saarland zfs 1998, 360.
[10] BayVGH BayVBl 1995, 436 = zfs 1995, 400 – Ls.

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