Rz. 266

Wird der Erbe verklagt, so muss er sich in den Urteilstenor einen Haftungsbeschränkungsvorbehalt nach § 780 ZPO aufnehmen lassen. Der Erbe hat darzulegen und erforderlichenfalls auch zu beweisen, dass der Nachlass unzulänglich ("dürftig") ist. Das Gericht trifft dann eine entsprechende Aufklärungspflicht.

Dazu der BGH[236] im Falle der Geltendmachung der Dürftigkeit des Nachlasses gegenüber einem Pflichtteilsergänzungsanspruch:

Zitat

"Hat der Erbe gegenüber dem Pflichtteilsergänzungsanspruch die Einrede der Unzulänglichkeit des Nachlasses (§ 1990 BGB) erhoben, so muss das Prozessgericht entweder die Frage des Haftungsumfangs sachlich aufklären und darüber entscheiden oder den Vorbehalt der Haftungsbeschränkung gem. § 780 I ZPO aussprechen (Bestätigung von BGH NJW 1983, 2378)."

Sind die einzelnen Nachlassgegenstände bekannt, so können sie bei Nachweis der Dürftigkeit des Nachlasses bereits in das Urteil aufgenommen werden in der Weise, dass das Gericht die einzelnen Nachlassgegenstände – in einer Anlage zum Urteil – aufzählt, in die der Erbe (Beklagte) die Zwangsvollstreckung zu dulden hat. Damit wird ein späterer Rechtsstreit (Vollstreckungsgegenklage) vermieden, wenn der Nachlassgläubiger trotzdem in Vermögensgegenstände des Eigenvermögens des Erben vollstrecken sollte.

Oder vom BayObLG anders ausgedrückt:[237]

Zitat

"Sind die Voraussetzungen der Haftungsbeschränkung bereits im Erkenntnisverfahren bejaht worden, ist nur zur Leistung aus dem Nachlass zu verpflichten. Gegen die Vollstreckung in nachlassfremde Gegenstände können sich die Erben dann auf dem einfacheren Wege des § 766 ZPO zur Wehr setzen."

Prozessual verhindert der Erbe die Einzelvollstreckung eines Nachlassgläubigers in sein Eigenvermögen in entsprechender Anwendung von § 784 Abs. 1 ZPO i.V.m. §§ 785, 767 ZPO, sofern er den Haftungsbeschränkungsvorbehalt in den Tenor des Ersturteils hat aufnehmen lassen.

Maßgebender Zeitpunkt für das Nichtvorhandensein einer entsprechenden Nachlassmasse ist nicht der Erbfall, sondern der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zur Entscheidung über die Einrede.[238] Denn: Der Nachlass kann auch nachträglich dürftig geworden sein.

[236] NJWE-FER 2000, 211.
[237] NJW-RR 2000, 306; ebenso OLG Schleswig FGPrax 2011, 69.
[238] BGHZ 85, 274.

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