1. Vollmachten für vermögensrechtliche Angelegenheiten – postmortale und transmortale Vollmacht

 

Rz. 9

Originär dienen Vorsorgevollmachten der lebzeitigen Absicherung der eigenen, auch vorübergehenden, Handlungsunfähigkeit.[10] Sinnvoll kann eine Erweiterung auch auf eine trans- und postmortale Wirkung sein, da mit der Testamentserrichtung im Weiteren nur selten alle erforderlichen Vorsorgemaßnahmen für den Todesfall getroffen sind. Die Überlastung der Gerichte und Streitigkeiten unter den Erben führen nicht selten dazu, dass über den Nachlass bis zu einem halben Jahr oder länger nach dem Erbfall nicht verfügt werden kann. Wenngleich auch die Möglichkeit besteht, per letztwilliger Verfügung auch einen Testamentsvollstrecker einzusetzen, besteht dennoch ein Vakuum bis zur Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses.

Die Problemlösung liegt in der Erteilung entweder einer postmortalen Vollmacht, d.h. einer Vollmacht, die erst mit dem Tod wirksam wird, oder der Erweiterung des Wirkungsbereichs einer Vorsorgevollmacht im Sinne einer transmortalen Vollmacht über den Tod hinaus. So kann der Bevollmächtigte sofort mit Eintritt des Erbfalls handeln. Dies sichert die kontinuierliche Vermögensverwaltung bis zu der Erteilung des Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses. Die trans- oder postmortale Vollmacht kann jedoch auch weiterhin selbstständig neben der Testamentsvollstreckung stehen und dem Vollmachtnehmer eigenständige Befugnisse neben dem Testamentsvollstrecker verleihen.[11] Diese kann die Testamentsvollstreckung ergänzen.[12] Dadurch wird gewährleistet, dass Verbindlichkeiten in Zusammenhang mit der Beerdigung vom Nachlass beglichen werden können und auch die Verwaltung von Wertpapierdepots und anderen Vermögensteilen des Erblassers effektiv weiterbetrieben werden kann.

[12] Werner, ErbR 2023, 13, 14; zur Reichweite sowie der gegenseitigen Einschränkung der Rechte, vgl. S. 16.

2. Vorsorgevollmacht für persönliche Angelegenheiten

 

Rz. 10

Ist der Einzelne aufgrund einer psychischen Krankheit oder Behinderung oder aufgrund von Altersverwirrtheit nicht mehr in der Lage, über seine persönlichen Angelegenheiten zu entscheiden, wird ihm hierfür als gesetzlicher Vertreter ein Betreuer bestellt. Wurde keine Vorsorgevollmacht vorab verfasst, ggf. in Verbindung mit einer Patienten- und einer Betreuungsverfügung, besteht somit die Gefahr, dass zukünftig Behörden, Gerichte und Berufsbetreuer oder nicht gewünschte ehrenamtliche Betreuer anstelle eines persönlichen Vertrauten über die Lebensgestaltung des Betroffenen entscheiden.

 

Rz. 11

Demgegenüber ermöglicht die Vorsorgevollmacht dem Einzelnen ein weiteres Stück privater Autonomie und Selbstbestimmung, da er mit diesem Instrument durch die Bestimmung einer Vertrauensperson als Bevollmächtigte bereits im Vorfeld einer etwaigen Betreuungsbedürftigkeit alle erforderlichen Angelegenheiten und insbesondere seine persönliche Lebensgestaltung selbst regeln kann.

 

Rz. 12

Zudem kommt es durch das Instrument der Vorsorgevollmacht zu einer Entlastung der Betreuungsgerichte, da die Zahl der erforderlich werdenden Betreuerbestellungen eingeschränkt wird. Dies allerdings nur partiell, da der Gesetzgeber nach § 1829 Abs. 5 BGB (§ 1904 Abs. 5 BGB a.F.) und § 1831 Abs. 5 BGB (§ 1906 Abs. 5 BGB a.F.) das Erfordernis einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung für die hier geregelten Maßnahmen auch für den Bevollmächtigten eingeführt hat.

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