Rz. 50

Namentlich für die Frage der Ausschließung des Notars nach §§ 6, 7 BeurkG und die Frage des Mitwirkungsverbots nach § 3 BeurkG spielt häufig der Grad der Verwandtschaft des Notars mit Beteiligten eine Rolle.

Wer mit wem, mit welchem Grad und in welcher Linie verwandt oder verschwägert ist, wird manchmal nicht so einfach zu beantworten sein.

Verwandtschaft nach § 1598 BGB entsteht durch Abstammung im Rechtssinn. Auf die genetische Abstammung kommt es nur dort an, wo diese vom Zweck der Vorschrift her maßgeblich ist (Beischlaf unter Verwandten, § 173 StGB, Eheverbot, § 1307 BGB).

 

Rz. 51

 

Beispiel

F hat durch Samenspende eine Tochter T empfangen und zur Welt gebracht. Als deren Vater gilt der Ehemann der F. Die Samenspende hat ein guter Freund des Ehepaares vorgenommen. Dieser will Jahre später die T heiraten.

 

Rz. 52

Diese Eheschließung ist untersagt.[21] Ebenso wenig dürfte nach dem Tod der Ehefrau im vorgenannten Beispiel der Ehemann, dessen Vaterschaft nicht angefochten wurde, die Tochter trotz fehlender Blutsverwandtschaft ehelichen, weil die rechtliche und die genetische Verwandtschaft für § 1307 BGB gleich stehen.[22]

 

Rz. 53

Verwandtschaft im Rechtssinne kann auch ohne jegliche genetische Beziehung entstehen, beispielsweise durch die Bestimmung des § 1592 Nr. 1 BGB, ein unrichtiges Vaterschaftsanerkenntnis oder eine unrichtige gerichtliche Feststellung der Vaterschaft.

 

Rz. 54

Ebenso ist es für die Frage der Verwandtschaft im Regelfall unerheblich, ob ein Kind innerhalb oder außerhalb der Ehe geboren wird. Zu beachten sind aber Unterschiede z.B. beim Sorgerecht, §§ 1626 ff BGB oder Namensrecht (§ 1617a BGB).

 

Rz. 55

Verwandtschaft in gerade Linie

Personen, von denen eine – unmittelbar oder mittelbar – von der anderen abstammt, sind Verwandte in gerade Linie, § 1589 S. 1 BGB. Verwandtschaft in gerader Linie besteht also zwischen Eltern und ihren Kindern ebenso wie zwischen Großeltern und Enkeln.

Verwandtschaft in der Seitenlinie

Stammen zwei nicht in gerade Linie miteinander verwandte Personen von derselben dritten Person ab, so sind sie in der Seitenlinie miteinander verwandt. Die gilt für Vollgeschwister ebenso wie für Halbgeschwister. Verwandtschaft in der Seitenlinie besteht aber auch zwischen einem Kind den Geschwistern eines Enkelteils (Onkel/Tante) oder den Geschwistern eines Großelternteils (Großonkel/Großtante) oder zwischen einem Kind und den Kindern der Geschwister eines Elternteils (Cousin/Cousine).

 

Rz. 56

Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten, § 1589 S. 3 BGB. Maßgeblich ist mithin die Zahl der Personen, die im Abstammungsgefüge die Verbindung zwischen den betroffenen Verwandten herstellen, wobei der Abstammende selbst nicht mitgezählt wird.[23] Verwandte in der Seitenlinie ersten Grades gibt es nicht.[24]

 

Rz. 57

 

Beispiele

Sohn und Vater sind Verwandte in gerade Linie ersten Grades, Enkel und Großvater Verwandte in gerade Linie zweiten Grades. Nichte und Tante sind Verwandte in der Seitenlinie dritten Grades, Bruder und Schwester Verwandte in der Seitenlinie zweiten Grades.

 

Rz. 58

Schwägerschaft ist das Rechtsverhältnis zwischen einem Ehegatten/Lebenspartner und den Verwandten des anderen Ehegatten/Lebenspartners, §§ 1590 Abs. 1 S. 1 BGB, 11 Abs. 2 LPartG. Verschwägert ist eine Person also mit den Ehegatten/Lebenspartnern der eigenen Verwandten und den Verwandten des eigenen Ehegatten/Lebenspartners.

 

Rz. 59

Schwägerschaft im Rechtssinne erfasst weitergehend als der übrige Sprachgebrauch nicht nur die Geschwister des anderen Ehegatten, sondern auch deren Eltern (Schwiegereltern) sowie die aus anderer Beziehung stammenden Kinder des Ehegatten/Lebenspartners (Stiefkinder). Dagegen besteht keine Schwägerschaft zwischen den Ehegatten selbst. Ebenso wenig besteht eine Schwägerschaft zwischen den Verwandten eines Ehegatten/Lebenspartners mit den Verwandten des anderen.[25]

 

Rz. 60

Linie und Grad:

Die Linie und der Grad bestimmen sich nach der Linie und dem Grad der sie vermittelnden Verwandtschaft, § 1590 Abs. 1 S. 2 BGB. Mit anderen Worten: Ein Ehegatte ist mit den Verwandten des anderen Ehegatten in demjenigen Grad verschwägert, wie letzterer mit ihnen verwandt ist.

 

Rz. 61

Eine Schwägerschaft bleibt besteht, auch wenn die sie begründende Ehe aufgelöst wurde, § 1590 Abs. 2 BGB. Ob die Auflösung durch Tod eines Ehegatten oder durch Scheidung/Eheaufhebung erfolgt, ist gleichgültig. Dagegen kann eine Schwägerschaft nach Auflösung der Ehe nicht mehr begründet werden.

 

Rz. 62

Das Mitwirkungsverbot des Notars gilt gem. § 3 Abs. 1 Ziff. 3 BeurkG für Personen, mit denen der Notar

in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder
in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist oder war.
[21] PWW/Friederici, § 1703 Rn 2; Palandt/Brudermüller, § 1307 Rn 3.
[22] Palandt/Brudermüller, § 1307 Rn 5.
[23] Palandt/Brudermüller, § 1589 Rn 1.
[24] Dazu PWW/Weinreich, § 1589 Rn 2.
[25] Kaiser/Gutzeit, § 1590 Rn 5 m.w.N.

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