Rz. 67

Es ist Sache des durch die Schenkung benachteiligten Vertrags- bzw. Schlusserben darzulegen und zu beweisen, dass ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers gefehlt hat. Da dieser Nachweis schwer zu führen ist, insbesondere dann, wenn der Vertragserbe die Hintergründe der Schenkung nicht kennt, darf sich der Anspruchsgegner nicht darauf beschränken, den Missbrauch des Rechts zu Verfügungen unter Lebenden schlicht zu bestreiten. Er muss vielmehr die Umstände darlegen, aus denen sich das lebzeitige Eigeninteresse des Erblassers ergeben soll.[117] Ist der Anspruchsgegner seiner Substantiierungspflicht nachgekommen, dann muss der Vertrags- bzw. Schlusserbe entweder die Darstellung des Anspruchsgegners widerlegen oder nachweisen, dass die vorgetragenen Gründe den Erblasser in Wahrheit nicht zu der Schenkung bewegt haben. Ein "non-liquet" geht zulasten des Erben.[118]

 

Rz. 68

Im Regelfall wird der Beschenkte jedoch Ausführungen zu einem lebzeitigen Eigeninteresse machen. Die anwaltlichen Berater haben mittlerweile erkannt, dass insbesondere mit Pflegeerwartungen ein lebzeitiges Eigeninteresse leicht zu begründen ist. Dies ist selbst dann der Fall, wenn diese Pflegeerwartungen mit keinem Wort in dem Übertragungsvertrag erwähnt worden sind.

 

Rz. 69

Oft wird der Fall so gelagert sein, dass der Erblasser älter als der Beschenkte war. Meistens wird der Erblasser zum Zeitpunkt der Schenkung noch recht rüstig und wenig oder gar nicht pflegebedürftig gewesen sein. Der Erblasser wird eine besondere Nähebeziehung zu dem Beschenkten gehabt haben, z.B. zu seinem neuen Ehegatten, anders als zu dem bindend eingesetzten Erben, vielleicht weil dieser mittlerweile weit entfernt vom Erblasser lebt. Aufgrund dieser Umstände wird dann der Beschenkte später behaupten, dass selbstverständlich eine Pflege von ihm übernommen worden wäre, auch wenn es tatsächlich gar nicht zu einer Pflegebedürftigkeit des Erblassers gekommen ist. Dies habe man jedoch in dem Vertrag nicht schriftlich geregelt, das sei ja selbstverständlich Grundlage des Vertrages gewesen. Einen solchen Vortrag kann der Erbe, der möglicherweise längere Zeit keinen Kontakt zum Erblasser hatte, nicht widerlegen. Aus diesem Grund wird dann ein Anspruch aus § 2287 BGB oft scheitern.

[118] So OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.8.2014 – 8 U 120/13, BeckRS 2014, 23075, mit Verweis auf BGHZ 116, 167, 176; 97, 188, 193; 66, 8, 17.

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