Leitsatz (amtlich)

Erben können ein vom Erblasser aus der (künftigen) Erbmasse verschenktes Wiesengrundstück herausverlangen, wenn der Erblasser kein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse an der Schenkung hatte.

 

Normenkette

BGB §§ 812-814, 2287 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 08 O 276/15)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 29.11.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Münster (08 O 276/15) wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 70.000,- EUR abzuwenden, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien sind neben ihren beiden weiteren Geschwistern L und V die Kinder des am 00.00.1938 geborenen und am 00.00.2014 verstorbenen Erblassers W und seiner am 00.00.1940 geborenen und am 00.00.2010 vorverstorbenen Ehefrau B.

Die Eltern der Parteien waren Eigentümer eines ursprünglich kataster- und grundbuchrechtlich ungeteilten, ca. 3.200 qm großen Grundstücks in E, O-Straße 177. Das Grundstück war durch seine Bebauung, Gestaltung und Nutzung optisch in zwei Bereiche geteilt, nämlich in einen Teil, auf welchem sich das von den Eltern bewohnte Wohnhaus nebst Terrasse und Garten befand und einen unbebauten Bereich, der als Wiese belassen war.

Mit notariellem Erbvertrag vom 28.08.1991 (UR-Nr..../1991 des Notarverwesers I2 in E für Notar T) setzten sich die Eltern wechselseitig zu Erben ein. Unter Ziff. V des Vertrages heißt es sodann in der vom Kläger zu den Akten gereichten Fassung des Vertrages (Bl. 8 ff. der Gerichtsakte): "Nach dem Tode des Längstlebenden soll unser Sohn N ...das (Grundstück +) Haus O-Straße 177 erhalten. Das weitere Vermögen soll unter den (weiteren) drei Kindern zu gleichen Teilen aufgeteilt werden." Hierbei handelt es sich bei den in Klammern zitierten Passagen um handschriftlich eingefügte Ergänzungen. In einer vom Beklagten zu den Akten gereichten Reinschrift des Vertrages ohne handschriftliche Ergänzungen (Bl. 49 a ff. der Gerichtsakte) heißt es hingegen unter Ziff. V: "Nach dem Tode des Längstlebenden soll unser Sohn N...das Grundstück O-Straße 177 erhalten. Das weitere Vermögen soll unter den anderen drei Kindern zu gleichen Teilen aufgeteilt werden."

Hintergrund der in Ziff. V des Erbvertrags getroffenen Regelung war, dass sich der Beklagte bereit erklärt hatte, im Hause der Eltern zu verbleiben, um ihnen im Alter beiseite stehen zu können. In der Folgezeit baute der Beklagte das Wohnhaus so um, dass er mit seiner Familie im Obergeschoss wohnen konnte, während die Eltern das Erdgeschoss bewohnten. Hierbei tätigte er Investitionen, deren Umfang im Einzelnen streitig ist.

Im Jahr 2001 veranlassten die Eltern der Parteien eine Teilung des Grundstücks in zwei Parzellen, nämlich in eine Parzelle mit Wohnhaus, Terrasse und Garten als Flurstück ...1, O-Straße 177, Größe 1.595 qm und in eine Parzelle mit der unbebauten Wiesenfläche als Flurstück ...2, D-Straße 181, Größe 1.668 qm.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 26.08.2003 (UR Nr..../2003 des Notars I2 in E, Bl. 11 ff. der Gerichtsakte) übertrugen die Eltern das mit dem Wohnhaus bebaute Grundstück, Flurstück ...1, unter gleichzeitiger Bestellung eines lebenslangen Wohnungsrechts zu ihren Gunsten im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Beklagten. Ferner vereinbarten die Beteiligten einen Pflichtteilsverzicht des Beklagten.

Mit notariellem Vertrag vom 21.07.2007 (UR-Nr. .../2007 des Notars I2 in E, Bl. 33 ff. der Gerichtsakte) schenkten die Eltern ihren weiteren drei Kindern jeweils einen Betrag in Höhe von 60.000,- EUR. Zugleich erklärten die Beteiligten in dem Vertrag, dass die Beschenkten darüber hinaus bereits zehn Jahre zuvor jeweils einen Betrag von 60.000,- DM erhalten hätten. Ferner vereinbarten die Beteiligten einen Pflichtteilsverzicht der Beschenkten.

Am 17.08.2010 verstarb die Mutter der Parteien und wurde von dem Vater der Parteien beerbt.

Mit notariellem Vertrag vom 21.06.2011 (UR-Nr. 270/2011 des Notars S in E, Bl. 166 ff. der Gerichtsakte) übertrug der Erblasser auch das unbebaute Wiesengrundstück, Flurstück ...2, schenkweise auf den Beklagten. Vor dem gleichen Notar (UR-Nr. .../2013) gab er am 05.03.2013 eine eidesstattliche Erklärung mit dem Inhalt ab, dass bei Abschluss des notariellen Erbvertrags vom 28.08.1991 zwischen ihm und seiner Ehefrau vereinbart gewesen sei, dass der Beklagte das ganze damals noch ungeteilte Grundstück erhalten sollte. Auch nach Teilung des Grundstücks und bei der Übertragung des mit dem Wohnhaus bebauten Flurstücks im Jahr 2003 sei ihm und seiner Ehefrau selbstverständlich klar gewesen, dass der Beklagte später auch das unbebaute Flurstück erhalten sollte. Daher habe er nach dem Tod seiner Frau auch dieses Grundstück auf den Beklagten übertragen. Die lebzeitige Übertragung sei mit Rücksich...

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