a) Anwaltliches Berufsrecht

 

Rz. 1221

 

§ 3 BORA – Widerstreitende Interessen, Versagung der Berufstätigkeit[1113]

(1)

1Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat oder mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise im Sinne der §§ 45, 46 Bundesrechtsanwaltsordnung beruflich befasst war.

2Der Rechtsanwalt darf in einem laufenden Mandat auch keine Vermögenswerte von dem Mandanten und/oder dem Anspruchsgegner zum Zweck der treuhänderischen Verwaltung oder Verwahrung für beide Parteien entgegennehmen.

(2)

1Das Verbot des Abs. 1 gilt auch für alle mit ihm in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft gleich welcher Rechts- oder Organisationsform verbundenen Rechtsanwälte.

2Satz 1 gilt nicht, wenn sich im Einzelfall die betroffenen Mandanten in den widerstreitenden Mandaten nach umfassender Information mit der Vertretung ausdrücklich einverstanden erklärt haben und Belange der Rechtspflege nicht entgegenstehen.

3Information und Einverständniserklärung sollen in Textform erfolgen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für den Fall, dass der Rechtsanwalt von einer Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft zu einer anderen Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft wechselt.
(4) Wer erkennt, dass er entgegen den Absätzen 1 bis 3 tätig ist, hat unverzüglich seinen Mandanten davon zu unterrichten und alle Mandate in derselben Rechtssache zu beenden.
(5) Die vorstehenden Regelungen lassen die Verpflichtung zur Verschwiegenheit unberührt.
 

Rz. 1222

 

§ 43a BRAO – Grundpflichten des Rechtsanwalts

(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden.
(2)

1Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet.

2Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist.

3Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

(3)

1Der Rechtsanwalt darf sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten.

2Unsachlich ist insbesondere ein Verhalten, bei dem es sich um die bewußte Verbreitung von Unwahrheiten oder solche herabsetzenden Äußerungen handelt, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlaß gegeben haben.

(4) Der Rechtsanwalt darf keine widerstreitenden Interessen vertreten.
(5)

1Der Rechtsanwalt ist bei der Behandlung der ihm anvertrauten Vermögenswerte zu der erforderlichen Sorgfalt verpflichtet.

2Fremde Gelder sind unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder auf ein Anderkonto einzuzahlen.

(6) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, sich fortzubilden.
 

Rz. 1223

Das anwaltliche Berufsrecht wird zunächst durch die BRAO geregelt, ergänzt durch die Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA) und die Fachanwaltsordnung (FAO). Für in Deutschland tätige ausländische Rechtsanwälte gilt daneben das Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) bzw. die Verordnung zur Durchführung des § 206 BRAO für Rechtsanwälte aus dem nichteuropäischen Ausland.

 

Rz. 1224

Bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten innerhalb Europas hat der Anwalt darüber hinaus die Regelungen der Vereinigung der europäischen Rechtsanwaltskammern (CCBE) zu beachten.

[1113] Berufsordnung der Rechtsanwälte i.d.F. v. 1.7.2015, zuletzt geändert durch Beschluss der Satzungsversammlung vom 10./11.11.2014, BRAK-Mitt. 2015, 83.

b) Anwaltliches Fehlverhalten

 

Rz. 1225

 

Hinweis

Siehe auch Rdn 731 ff., 993 ff., 1166 ff.

 

Rz. 1226

Der Anspruch im Mandatsverhältnis kann gekürzt sein wegen anwaltlichen Fehlverhaltens (pVV des Beratungsvertrages; §§ 241 Abs. 2, 280, 282 BGB). Ist der Anwalt seinen Hinweispflichten im Hinblick auf Entstehen und Umfang von Gebühren[1114] nicht nachgekommen, ist er seinem Mandanten zum Schadenersatz verpflichtet.[1115]

 

Rz. 1227

Der Schadenersatzanspruch des Mandanten besteht regelmäßig in Höhe der angefallenen Gebühr. Dieses bedeutet, dass der Mandant nach dem sich aus § 242 BGB ergebenden Grundsatz "dolo agit, qui petit quod statim redditurus est" die Bezahlung der Gebühr verweigern bzw. mit seinem in gleicher Höhe bestehenden Schadenersatzanspruch aufrechnen kann.[1116]

[1114] Siehe Nugel jurisPR-VerkR 8/2011 Anm. 3.
[1115] Zum Umfang der Beratungspflichten siehe u.a. BGH v. 13.3.1980 – III ZR 145/78 – NJW 1980, 2128; OLG Düsseldorf v. 15.12.1988 – 8 U 41/87 – VersR 1989, 286.
[1116] BGH v. 13.12.2011 – VI ZR 274/10 – ags 2012, 152 = AnwBl 2012, 284 = DAR 2012, 140 = jurisPR-VerkR 4/2012 Anm. 1 (Anm. Jahnke) = MDR 2012, 342 = NJW 2012, 919 = NJW-Spezial 2012, 105 = NZV 2012, 16 = r+s 2012, 357 = SP 2012, 1229 = SVR 2012, 224 = VersR 2012, 331 = VRS 122, 324 = zfs 2012, 223 (Anm. Hansens); OLG Koblenz v. 26.5.1986 – 14 W 385/86 – MDR 1986, 1037.

c) Interessenkollision

 

Rz. 1228

 

Hinweis

Siehe auch Rdn 732 ff., 740 ff.

 

Rz. 1229

Ein Anwaltsvertrag, mit dessen Abschluss der Rechtsanwalt gegen das Verbot verstößt, widerstreitende Interessen zu vertreten, ist nichtig.[1117]

 

Rz. 1230

Vertritt ein Anwalt entgegen § 43a BRAO widerstreitende Interessen, schulde...

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