Rz. 341

Nach der alten Rechtslage (bis zum 31.12.2007) regelte § 54 UrhG a.F. als Folge der legitimen Vervielfältigungsmöglichkeiten des § 53 UrhG die Vergütungspflicht für Vervielfältigungen im Wege der Bild- oder Tonaufzeichnung und § 54a UrhG a.F. die Vergütungspflicht für Vervielfältigungen im Wege der Ablichtung. Danach hatten die Hersteller entsprechender Geräte eine im Einzelnen festgelegte Vergütung für die Herstellung an Verwertungsgesellschaften abzuführen, also quasi für die in § 53 UrhG dargelegten Gebrauchsrechte den Urhebern und sonstigen Berechtigten einen Nutzungsausgleich zu leisten. §§ 54 und 54a UrhG a.F. bezogen sich auf die Vergütungspflicht für die Hersteller und Importeure von Bild- oder Tonträgern (CD-Rohlinge, jetzt auch Mini-Discs und DVDs) sowie von Video- und Kassettenrecordern, Kopiergeräten, CD-Brennern,[531] Scannern,[532] Minidisc-Player und vergleichbaren Geräten. Fraglich war, ob auch Drucker und PCs dieser Vergütungspflicht unterlagen. Der EuGH hat diese Frage nun dahingehend beantwortet, dass ein PC, soweit er in einem einheitlichen Vorgang zur Erstellung einer analogen Papierkopie aus dem PC in einer Kette verbundener Drucker diene, abgabenpflichtig sei.[533] Nunmehr hat der BGH[534] endgültig entschieden, dass nur dasjenige Gerät abgabepflichtig ist, das "am deutlichsten" für die Anfertigung relevanter Vervielfältigungen bestimmt ist, und das ist der Scanner, also vor dem Drucker/Plotter und vor dem PC.

 

Rz. 342

Die Regelungen des Zweiten Korbes haben das pauschale Vergütungssystem reformiert. Zwar gibt es wie bisher einen gesetzlichen Vergütungsanspruch dem Grunde nach, neu ist aber nunmehr das System der freiwilligen Selbstregulierung (unter der Aufsicht des Bundesministeriums der Justiz, BMJ), soweit es um die Vergütungshöhe geht.

 

Rz. 343

§ 54 UrhG ist nunmehr der Grundtatbestand der Vergütungspflicht und führt die bisher geltenden §§ 54 und 54a UrhG a.F. zusammen. Die Neuregelung differenziert nicht mehr zwischen verschiedenen Vervielfältigungsmethoden wie Aufnahme, Übertragung, Typ oder Ablichtung, sondern umschließt ausnahmslos alle Vervielfältigungsverfahren. Entsprechendes gilt auch für die Vervielfältigungsquellen, die nach altem Recht alleine auf Funksendungen sowie Bild- und Tonträger begrenzt waren. Nunmehr werden alle denkbaren Quellen, insbesondere auch das Internet erfasst.[535]

 

Rz. 344

Rechtsobjekte sind nunmehr alle Geräte und Speichermedien, deren Typ allein oder in Verbindung mit anderen Geräten, Speichermedien oder Zubehör zur Vornahme solcher Vervielfältigungen benutzt wird. Zu den Speichermedien zählen alle physikalischen Informations- und Datenträger mit Ausnahme von Papier, also alle elektronischen (z.B. Smartcard, Memory Stick), magnetischen (z.B. Musikkassette, Magnetband, Festplatte, Diskette) und optischen Speicher (z.B. Film, DVD, CD-ROM, CD-R, CD-RW, Laserdisk).[536] Vergütungspflichtig sind auch Geräte, die sich nur in Verbindung mit anderen Geräten oder sonstigem Zubehör zur Vervielfältigung eignen. Allerdings ist dann die Vergütungspflicht auf das Gerät und nicht auf das Zubehör bezogen.

 

Rz. 345

Es kommt somit nicht mehr auf die "erkennbare Bestimmtheit" der Geräte und Träger zur Vervielfältigung an. Dabei ist sowohl die private als auch die gewerbliche Nutzung zu berücksichtigen.[537] Zunächst war vorgeschlagen worden, dass nur solche Gerätetypen relevant sind, die "in nennenswertem Umfang" für urheberrechtlich relevante Vervielfältigungen genutzt werden (De-minimis-Klausel), also einen entsprechenden Nutzungsumfang von mindestens 10 % aufweisen. Dies wurde in der maßgeblichen Empfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestagestages verworfen. Es wird vielmehr in einer typisierenden Betrachtung auf den üblichen Gebrauch abgestellt.[538]

 

Rz. 346

 

Hinweis

Keiner Vergütungspflicht unterliegen

Geräte, die ausschließlich im Rahmen von Digital Rights Management nutzbar sind, also nur vertraglich lizenzierte Vervielfältigungen gestatten;
Geräte, die nur theoretisch zur Vervielfältigung genutzt werden können, weil sie z.B. einen digitalen Speicherchip enthalten, der aber völlig anderen Funktionen dient;
die für den Export vorgesehenen Geräte und Speichermedien (so ausdrücklich § 54 Abs. 2 UrhG).
[531] LG Stuttgart v. 19.6.2001 – 17 O 519/00, ZUM 2001, 614 (CD-Brenner).
[533] Dies wurde für die alte Fassung des § 54a UrhG zunächst verneint. Der BGH v. 6.12.2007 – I ZR 94/05, ZUM 2008, 227 (Drucker und Plotter I) sowie BGH v. 2.10.2008 – I ZR 18/06, ZUM 2009, 152 (PC I) hatte aufgrund verschiedener Klagen der VG Wort entschieden, dass weder Drucker und Plotter noch PCs der pauschalen Vergütungspflicht unterlägen. Nachdem das BVerfG ZUM 2010, 874, BVerfG v. 21.12.2010 – 1 BvR 506/09, ZUM 2011, 311 (Drucker und Plotter) und BVerfG v. 21.12.2010 – 1 BvR 506/09, ZUM 2011, 309 (PC) diese Entscheidungen aufgehoben hatte, legte der BGH v. 21.7.2011 – I ZR 28/11, GRUR 2011, 1007 (Drucker und...

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