Rz. 206

§ 19a UrhG gewährt dem Urheber nunmehr seit dem 10.9.2003 (Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, BGBl I, 1774) das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit (es genügen schon lokale Netze) von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.[346] Dazu zählt nunmehr auch das ausschließliche Recht, Werke in digitalen Netzen zum Abruf bereitzuhalten.[347]

 

Rz. 207

Diese Regelung entspricht Art. 8 WIPO-Urheberrechtsvertrag und Art. 3 Abs. 1 EG-Richtlinie (Harmonisierungsrichtlinie 2001/29/EG vom 22.5.2001; siehe auch § 15 Abs. 2 Nr. 2 UrhG). Für den ausübenden Künstler regelt § 78 Abs. 2 UrhG in entsprechender Weise, dass eine angemessene Vergütung zu zahlen ist, wenn (Nr. 3) "… die auf öffentlicher Zugänglichmachung beruhende Wiedergabe der Darbietung öffentlich wahrnehmbar gemacht wird" (auch für Tonträgerhersteller gilt gem. § 86 UrhG Entsprechendes). Aus dem Wortlaut folgt eine technologieneutrale Fassung, die keineswegs nur den Bereich des Internets in den Blick nimmt. Im Kontext zu § 15 Abs. 3 UrhG kommt es gerade nicht mehr auf eine gleichzeitige Öffentlichkeit an (siehe im Einzelnen Rdn 192).[348]

 

Rz. 208

 

Hinweis

Nicht nur das Bereithalten einer Datei, sondern auch der damit intendierte eigentliche Übermittlungsvorgang ist Gegenstand dieser Verwertungsart. Dies ist keineswegs unstreitig.[349] Nach dem Wortlaut des § 19a UrhG würde sich der Anwendungsbereich auf das Browsing, nicht aber auf das Downloading einer Datei zur dauerhaften Speicherung beziehen. Dann aber wäre nur das Application Service Providing ("Miete von Computerprogrammen" im Streaming-Verfahren), nicht aber Übertragungsvorgänge im Wege des Downloadings abgedeckt, was nicht der gesetzlichen Intention entspricht.[350]

Ganz aktuell hat der EuGH[351] das Framing urheberrechtlich eingeordnet. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde. Die Klägerin hat einen Werbefilm herstellen lassen, der – nach deren Darstellung – ohne Zustimmung auf der Videoplattform YouTube eingestellt worden dar. Die Beklagten betreiben eigene Webseiten und haben jeweils über einen Link zu YouTube diesen Werbefilm in ihre Webseiten durch Framing-Technik integriert. Darin sieht die Klägerin das öffentliche Zugänglichmachen ihres Filmes. Der EuGH hat dazu ausgeführt, dass diese Verlinkung nicht unter den Begriff der öffentlichen Wiedergabe fällt, wenn und soweit das betreffende Werk weder für ein neues Publikum noch nach einem speziellen technischen Verfahren wiedergegeben wird, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.

Die Framing-Technik selbst ändere nichts an diesem Ergebnis, denn das Framing sei inzwischen eine übliche und allseits bekannte Vorgehensweise. Allerdings unterstellte der EuGH, dass die Klägerin die (ursprüngliche) öffentliche Wiedergabe (bei YouTube) gestattet habe.

Bei dieser Entscheidung geht es um sog. Embedded Content,[352] also die Einbettung fremder Inhalte in die eigene Webseite. Die urheberrechtliche Zuordnung konzentriert sich dabei auf die Frage, ob ein bei YouTube bereits zugängliches Video durch das Einbeziehen dieses Werkes in die eigene Webseite erneut öffentlich zugänglich gemacht werden kann (§ 19a UrhG).

Während das erstinstanzliche LG München I dies verneinte, entschied das OLG München anders.[353] Eine erneute öffentliche Zugänglichmachung sei nur gegeben, wenn der Anbietende das geschützte Werk tatsächlich für den öffentlichen Zugriff bereit halte, also wenn sich dieses Werk auch in der tatsächlichen Zugriffsshpäre des Bereithaltenden befände, was weder bei Deep-Links noch beim Framing angenommen werden könne. Denn das Bereithalten für die Öffentlichkeit hänge ausschließlich von demjenigen ab, der das Video bei YouTube eingestellt habe. Dabei sei es auch unerheblich, ob sich der Betreiber der Ausgangsseite aus Sicht der User einen fremden Inhalt zu eigen mache, weil § 19a UrhG nur die eigentliche Nutzungshandlung, nicht aber deren Vortäuschung erfasse. Zudem sei das YouTube-Logo und damit die Fremdheit zu erkennen gewesen.

Der BGH selbst befürwortete die Einstufung des Framings als öffentliche Wiedergabe – allerdings als ein unbenanntes Verwertungsrecht gem. § 15 Abs. 2 UrhG –, da sich der Betreiber das fremde Werk zu eigen mache, indem er es als integralen Bestandteil in seine Seite einbette und sich das eigene Bereithalten des Werkes erspare, für welches er eine Zustimmung des Urhebers bedürfe. Es handele sich also um einen Fall von Werkvermittlung.[354]

Der EuGH hat sich allerdings nicht auf diese Argumentation eingelassen und stellt (im Hinblick auf Art. 3 Harmonisierungsrichtlinie) auf das Erreichen eines neuen Publikums bzw. die Anwendung spezieller technischer Verfahren ab.

[346] BT-Drucks 15/38, 17; Gerlach, ZUM 1999, 278 (Making available right); Schack, Urheber- und Urheber­vertragsrecht, Rn 460 ff.
[347] Leupold/Demisch, ZUM 2000, 379; Dreier, ZUM 2002, 28, 30. Vorbild war da...

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