Rz. 61

§ 823 Abs. 1 BGB schützt nur die körperliche Fortbewegungsfreiheit.[103] Es geht hier etwa um die rechtswidrige Verhaftung oder Unterbringung einer Person oder die medizinisch nicht gebotene Fixierung von kranken Patienten. Für das Unfallhaftpflichtrecht spielt dieser Schutzbereich kaum eine Rolle. Denn Beeinträchtigungen der allgemeinen Handlungs- und Entscheidungsfreiheit werden ebenso wenig erfasst wie unerhebliche oder zum allgemeinen Lebensrisiko zählende Freiheitsbeeinträchtigungen, z.B. das temporäre Versperren einer Garagenausfahrt oder das Verursachen eines Staus durch einen Unfall. Soweit Derartiges als schadensersatzrechtlich relevant in Betracht gezogen wurde, erfolgte dies nicht unter dem Gesichtspunkt der Freiheitsverletzung, sondern der Verletzung des Eigentums, des Besitzes oder des Eingriffs in den Gewerbebetrieb.[104] Als rechtswidrig einzustufende, weil verfassungsrechtlich nicht gedeckte Blockaden von erheblichem Umfang haftungsrechtlich relevant sein können.[105]

[103] MüKo-BGB/Wagner, § 823 Rn 161.
[104] BGH, Urt. v. 22.11.1985 – V ZR 237/84, VersR 1986, 189: behördliches Verbot zur Wohnungsnutzung; BGHZ 55, 153: Fleetfall; ArbG Frankfurt, Urt.v. 27.3.2012 – 10 Ca 3468/11, juris: Fluglotsenstreik; AG Bad Segeberg, Urt. v. 9.2.2012 – 17 C 96/11, Schaden-Praxis 2012, 354: keine Haftung des Unfallverursachers für Vermögensschäden des Pächters einer Tankstelle, wenn die Zufahrt zu seiner Tankstelle für 13,5 Stunden infolge eines Verkehrsunfalls gesperrt wird; vgl. auch unten Rdn 67 bei Fn 116.
[105] BGHZ 137, 89; OLG Dresden, Urt. v. 16.11.2010 – 9 U 765/10, juris: Preisproteste von Milchbauern; OLG Schleswig, Urt. v. 25.2.2011 – 1 U 39/10, NVwZ-RR 2011, 523: Schienenblockade durch "Antimilitaristin".

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