Rz. 66

Im Bereich der VOB/B gilt eine Verjährungsfrist für Bauwerke von vier Jahren, § 13 Abs. 4 VOB/B. Für andere Werke als Bauwerke sowie für feuerberührte Teile von Feuerungsanlagen beträgt die Verjährungsfrist zwei Jahre. Für feuerberührte und abgasdämmende Teile von industriellen Feuerungsanlagen beträgt die Verjährungsfrist ein Jahr. Die kürzeren Fristen tragen dem regelmäßig höheren Verschleiß dieser Teile Rechnung.

 

Rz. 67

Bei wartungsbedürftigen Teilen von maschinellen/elektrotechnischen/elektronischen Anlagen beträgt die Verjährung zwei Jahre, wenn nicht der Besteller dem Unternehmer die Wartung für diese Teile übertragen hat, § 13 Abs. 4 VOB/B. Mit anderen Worten: Gibt es einen Wartungsvertrag zwischen Besteller und Unternehmer, beträgt die Verjährungsfrist auch für diese Teile vier Jahre.

 

Rz. 68

Üblicherweise wird in der Praxis auch in VOB/B-Verträgen die Verjährungsfrist für Mängel an Bauwerken auf fünf Jahre verlängert. In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob die Verlängerung der Verjährungsfrist dazu führt, dass die VOB/B nicht mehr als Ganzes vereinbart ist, streitig und bisher vom BGH nicht entschieden ist. Wäre dies zu bejahen, verlöre die VOB/B ihre AGB-rechtliche Privilegierung und die Einzelbestimmungen wären isoliert am Maßstab der §§ 307 ff. BGB zu überprüfen. Jedenfalls ein Teil der obergerichtlichen Rspr. sieht in der Verlängerung der Verjährungsfrist einen Eingriff in die VOB/B als Ganzes.[79] Für die Beratungspraxis bedeutet das, dass der Mandant auf die mögliche Folge einer verlängerten Verjährungsfrist hinzuweisen ist, wie ebenso selbstverständlich bei allen anderen Abweichungen von der VOB/B. Im Prozess ermöglicht diese Rspr. ggf. die Chance, sich auf eine AGB-rechtliche Unwirksamkeit einzelner VOB/B-Bestimmungen zu berufen.

 

Rz. 69

Eine Besonderheit der VOB/B stellt die sogenannte Quasi-Unterbrechung des § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B dar. Danach führt eine schriftliche Mängelrüge des Bestellers dazu, dass für den gerügten Mangel Verjährung erst in zwei Jahren ab Zugang der Mängelrüge beim Unternehmer eintritt. D.h., wenn der Besteller am letzten Tag einer vereinbarten fünfjährigen Verjährungsfrist einen Mangel rügt, kann er im Ergebnis die Verjährungsfrist auf sieben Jahre strecken.

 

Rz. 70

Für die Praxis sind vor allem folgende Aspekte in Zusammenhang mit dieser Vorschrift bedeutsam: Die Mängelrüge muss schriftlich[80] und zugangssicher erfolgen. Die gesamte Quasi-Unterbrechung nützt dem Besteller nichts, wenn der Unternehmer später den Zugang der Mängelbeseitigungsaufforderung bestreitet und der beweisbelastete Besteller den Zugang nicht beweisen kann.

 

Rz. 71

Wichtig ist weiter, dass für jeden Mangel die Quasi-Unterbrechung nur einmal herbeigeführt werden kann.[81] Die erste Mängelrüge "verbraucht" also den Vorteil des § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B. Erfolgt diese zwei Jahre oder mehr vor Ablauf der Regelverjährung, kommt es im Ergebnis nicht zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist.

[79] So etwa OLG Naumburg v. 27.4.2006 – 2 U 138/05 – BauR 2007, 551; OLG Hamm v. 17.7.2009 – 21 U 145/05 – BauR 2009, 1913.
[80] Mängelrüge per E-Mail erfüllt das Schriftformerfordernis nur mit qualifizierter elektronischer Signatur: OLG Frankfurt v. 30.4.2012 – 4 U 269/11 – NZBau 2012, 503; ebenso OLG Jena v. 26.11.2015 – 1 U 209/15 – NJW-Spezial 2016, 109.

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