Rz. 48

Zur Klärung des Sachverhalts kann es notwendig sein, dass der Anwalt Akten eines Gerichts oder einer Behörde, die den Gegenstand des Mandats betreffen,[268] sowie das Grundbuch und öffentliche Register einsieht.[269] Von zunehmender Bedeutung sind Veröffentlichungen im Internet, die z.B. für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebend sein können (vgl. Rdn 43). Diese Veröffentlichungen waren jedoch häufig inhaltsleer, d.h. aus ihnen konnte etwa bei der Festsetzung der Vergütung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters nur die Festsetzung der Vergütung, nicht aber die Höhe der festgesetzten Vergütung entnommen werden (vgl. § 64 Abs. 2 Satz 2 InsO). Der Inhalt des Beschlusses und ggf. der Beschwer des Mandanten konnte dann nur durch Einsicht auf der Geschäftsstelle des Gerichts festgestellt werden, was bei großer örtlicher Entfernung einen erheblichen Aufwand verursachte, der die Rechtsstaatlichkeit dieses Verfahrens in Frage stellte.[270] Der BGH hat nun durch Beschluss vom 14.12.2017[271] verschärfte Anforderungen an die Veröffentlichung gestellt. Die Entscheidung ist jedoch von den Verbänden der Insolvenzverwalter heftig kritisiert worden. Die Handhabung der Insolvenzgerichte ist derzeit sehr unterschiedlich. Deshalb muss damit gerechnet werden, dass im Einzelfall auch weiterhin die Veröffentlichung inhaltsleer ist und der Inhalt der Entscheidung weiterhin erst recherchiert werden muss.

 

Rz. 49

Soll der Rechtsanwalt seinen Auftraggeber in einem streitigen Vertragsverhältnis beraten und vertreten, so erfordert die Klärung des Sachverhalts i.d.R. die Durchsicht der Vertragsurkunden[272] – in Bausachen auch der Ausschreibungsunterlagen[273] oder Baubeschreibung –,[274] des Schriftwechsels der Vertragspartner sowie sonstiger einschlägiger Unterlagen und Belege.[275]

 

Rz. 50

Beweisstücke, die dem Anwalt in seiner Kanzlei vorgelegt werden, hat dieser in Augenschein zu nehmen.[276]

Im Übrigen hat der Anwalt oder Steuerberater grds. keine eigenen Ermittlungspflichten, etwa durch Zeugenvernehmung.[277] Er muss jedoch ggf. den Mandanten auffordern, erforderliche Erkundigungen durchzuführen. Können diese unschwer vom Rechtsanwalt übernommen werden und versprechen Bemühungen eines unbeholfenen Mandanten keinen Erfolg, etwa bei der Ermittlung der ladungsfähigen Anschrift eines Zeugen, kann es sich aber anbieten, dass der Anwalt selbst tätig wird.

Die Befragung von Zeugen durch den Anwalt ist zwar nicht verboten, kann aber den Wert derer Aussagen vor Gericht mindern, weshalb hier Zurückhaltung geboten und darauf zu achten ist, dass kein Verdacht einer Beeinflussung des Zeugen aufkommen kann. Deshalb ist eine Kontaktaufnahme stets transparent durchzuführen.[278]

[268] BGH, WM 1994, 1805, 1806, wegen der Zustellung eines Urteils; BGH, NJW 1998, 2048, 2050 = WM 1998, 1542, wegen der Geltendmachung weiterer Unterhaltsansprüche.
[269] Vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1989, 927, 928.
[272] BGH, NJW 1985, 1154, 1155; vgl. BGH, NJW 2002, 1413 = WM 2002, 1077.
[273] BGH, VersR 1983, 34.
[274] BGH, NJW 1985, 1154, 1155.
[275] BGH, NJW 1981, 2741, 2743.
[276] BGH, NJW 1981, 2741, 2743.
[277] Vollkommer/Greger/Heinemannn, § 10 Rn 27; Weinland, in: Henssler/Gehrlein/Holzinger, Kap. 3 Rn 145.
[278] Weinland, in: Henssler/Gehrlein/Holzinger, Kap. 3 Rn 147; Ullrich, NJW 2014, 1341 ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge