Rz. 64

Wird in der Tages- oder Fachpresse über Vorschläge zur Änderung des (Steuer-)Rechts berichtet, die im Fall ihrer Verwirklichung von dem Mandanten erstrebte Ziele u.U. vereiteln, beeinträchtigen oder umgekehrt erst ermöglichen, ist der rechtliche Berater (in der Praxis wegen der häufigen Änderung des Steuerrechts v.a. der Steuerberater) gehalten, sich aus allgemein zugänglichen Quellen über Inhalt und Verfahrensstand solcher Überlegungen zu unterrichten, um danach prüfen zu können, ob es geboten ist, dem Mandanten bestimmte Maßnahmen (etwa: Beschleunigung einer Maßnahme bei drohenden steuerlichen Verschlechterungen; Aufschub bei sich abzeichnenden steuerlichen Verbesserungen) anzuraten.[328]

Garantieren die Fachzeitschriften nicht die nötige Aktualität, muss der Steuerberater auch die Tagespresse verfolgen. Die Zeitschrift "Capital" muss er nicht lesen, sie ist keine wesentliche Informationsquelle in diesem Sinn.[329] Ist dem Rechtsberater aufgrund eines Hinweises, auch von dritter Seite, eine bevorstehende Gesetzesänderung zuverlässig bekannt geworden, die sich auf die Verwirklichung der Ziele des Mandanten auswirkt, hat er diesen individuellen Informationsvorsprung zugunsten des Mandanten zu nutzen.[330] Dies gilt auch, um i.R.d. Schadensverhütungspflicht (vgl. Rdn 129 ff.) voraussehbare und vermeidbare Nachteile für den Mandanten abzuwenden.

[328] Vgl. BGH, 15.7.2004 – IX ZR 472/00, WM 2005, 896; dazu Raebel, DStR 2004, 1673; BGH, 20.7.2006 – IX ZR 77/05, BFH/NV 2007, Beilage 4, 265, Tz. 7 ff.; BGH, 19.3.2009 – IX ZR 214/07, NJW 2009, 2949 zur Beratungspflicht bei auslaufendem Steuervorteil; Jungk, AnwBl. 2009, 716; OLG Köln, 12.11.2018 – 16 U 84/18, juris, Tz. 7 ff.
[330] Vgl. BGH, 26.4.2007 – IX ZR 118/04, HFR 2008, 873.

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