Rz. 83

Hat sich bzgl. des Mandatsgegenstandes eine höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht gebildet, so kann der Rechtsanwalt i.R.d. Rechtsprüfung vor der Aufgabe stehen, die "Tendenz" der Entwicklung einer solchen Rechtsprechung festzustellen.[410] Eine entsprechende anwaltliche Vertragspflicht setzt aber – ebenso wie bei einer zu erwartenden Änderung der Rechtsprechung (vgl. Rdn 82) – "Evidenz" voraus.[411] Die Entwicklungslinie kann sich ergeben aus richtungweisenden höchstrichterlichen Entscheidungen[412] und/oder aus solchen der Untergerichte[413] und/oder aus der herrschenden Meinung im Schrifttum.[414]

Ein Steuerberater kann die Vertragspflicht haben, eine verbindliche Auskunft der Finanzbehörde zu einer unklaren Rechtslage einzuholen (vgl. dazu Rdn 105), wenn BFH und FG noch nicht entschieden haben sowie die Praxis der Finanzverwaltung und die Ansichten im Schrifttum uneinheitlich sind.[415]

[410] Vgl. BGH, NJW 1985, 264, 265; BGH, WM 1986, 199, 202; BGH, WM 1993, 420, 423 = NJW-RR 1993, 243; BGH, 6.11.2008 – IX ZR 140/07, BGHZ 178, 258, Tz. 9 = WM 2009, 90.
[411] Vgl. BGH, NJW 1993, 3323, 3325 = WM 1993, 2129.
[412] Vgl. BGH, NJW 1985, 264, 265; BGH, WM 1986, 199, 202.
[413] Vgl. BGH, WM 1993, 420, 423 = NJW-RR 1993, 243, 245, betreffend OLG-Urteile; BGH, WM 2000, 2431, 2435 = NJW 2001, 675.
[414] Vgl. BGH, WM 2000, 2431, 2435 = NJW 2001, 675.
[415] OLG Düsseldorf, Stbg 2004, 508, m. abl. Anm. Spiess.

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