Rz. 12

Nach dem alten Leistungsstörungsrecht des BGB, das auf die vor dem 1.1.2002 geschlossenen Rechtsberaterverträge anzuwenden ist (Art. 229 § 5 EGBGB; vgl. § 3 Rdn 1 f.) und noch immer einige Zeit für die Haftungspraxis relevant sein wird, besteht eine anwaltliche Pflichtverletzung regelmäßig in einer Schlechterfüllung ("positiven Vertragsverletzung – pVV") des grds. vorliegenden Dienstvertrages oder einer nachvertraglichen, noch diesem Vertrag entspringenden Pflicht.[95] Sie kann einen Verstoß gegen die vertragliche Hauptpflicht zur Rechtsberatung und/oder -vertretung des Auftraggebers oder die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht (§ 242 BGB) betreffen. Erledigt ein steuerlicher Berater eine von Gesetzes wegen fristgebundene Maßnahme – z.B. eine Steuererklärung oder einen Jahresabschluss – zu spät, so liegt auch dann eine Schlechterfüllung des Vertrages – kein Verzug – vor, weil sich eine solche Fristenregelung an den Auftraggeber, nicht an den Berater richtet.[96]

Ein Rechtsberater kann auch wegen Verletzung einer vorvertraglichen Pflicht vor oder bei Vertragsschluss ("culpa in contrahendo – c.i.c."; vgl. § 1 Rdn 208 ff.) haften.

Nur selten wird ein Schadensersatzanspruch des Mandanten gegen den Rechtsberater aus Verzug (§§ 286, 326 BGB a.F.) oder zu vertretender Unmöglichkeit (§§ 280, 325 BGB a.F.) gegeben sein.

Besondere Rechtsgrundlagen für einen Ersatzanspruch des Auftraggebers – auch nach aktuellem Leistungsstörungsrecht (vgl. § 3 Rdn 1 ff.) – können § 627 Abs. 2 Satz 2 und § 675 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 667, 668, 671 Abs. 2 Satz 2 BGB (vgl. Rdn 387 ff.) sein.

Ist der Rechtsberatervertrag ausnahmsweise ein Werkvertrag (vgl. Rdn 3, § 1 Rdn 5 ff.), so hat der Rechtsberater für die Mangelfreiheit seines Werks einzustehen (§§ 633 ff. BGB).[97]

Da sich inhaltlich kaum etwas geändert hat, ist die Rechtsprechung zum alten Recht inhaltlich auf das aktuelle Recht insoweit weitgehend übertragbar.

[95] Vgl. BGH, NJW 2002, 1571, 1572.
[96] BGHZ 115, 382, 387 ff. = WM 1992, 62, unter Aufgabe der früheren gegenteiligen Rspr.
[97] Vgl. BGH, NJW 2002, 1571, 1572.

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