Rz. 269

§ 850f Abs. 1 Alt. 1 ZPO ist mit Wirkung v. 1.7.1992 in das Gesetz eingefügt worden und soll der Situation der ständig steigenden Lebenshaltungskosten Rechnung tragen. Sofern die Pfändungsfreibeträge nach der amtlichen Lohnpfändungstabelle oder die festgelegten Freibeträge bei einer Unterhaltspfändung unter die Höhe des notwendigen Lebensunterhalts i.S.d. SGB II bzw. XII fallen, muss das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Schuldners den Pfändungsbeschluss entsprechend korrigieren. Aufgrund der Dynamisierung der Pfändungsfreigrenzen, § 850c Abs. 4 ZPO, sind Anträge des Schuldners aufgrund dieser Vorschrift eher selten geworden.

 

Rz. 270

Den Nachweis der Höhe der jeweiligen Sozialhilfesätze führt der Schuldner durch eine Bescheinigung der Sozialbehörde. Dem Schuldner muss bei einer Pfändung immer so viel für sich und seine Unterhaltsverpflichteten verbleiben, dass er nicht der Sozialhilfe anheimfällt.[374] Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten muss das Vollstreckungsgericht ohne Rücksicht auf gesetzliche Unterhaltsansprüche auch die Einkünfte des Ehegatten in die Prüfung der Bedarfsdeckung mit einbeziehen.[375] Nach dem Wortlaut des § 850f Abs. 1 ZPO ist der notwendige Lebensunterhalt der "Personen, denen er Unterhalt zu gewähren hat" zu berücksichtigen. Unterhalt zu gewähren hat der Schuldner faktisch auch denjenigen, die mit ihm eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Die gesetzgeberischen Wertentscheidungen im Sozialhilferecht sind bei der Auslegung der Vorschriften des Zwangsvollstreckungsrechts zu berücksichtigen.[376]

[374] OLG Köln v. 16.5.1989 – 2 W 80/89, FamRZ 1989, 996; LG Hannover v. 22.11.1990 – 11 T 266/90, Rpfleger 1991, 212; LG Gießen v. 26.7.1995 – 7 T 134/95, Rpfleger 1996, 118 = DGVZ 1996, 10.
[376] LG Braunschweig v. 13.12.2016 – 6 T 691/16, ZinsO 2017, 1034; LG Essen v. 4.9.2014 – 7 T 285/14, ZinsO 2014, 2278.

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