Rz. 82

Kommt es zwischen dem Unternehmer und dem Betriebsrat nicht zu einer Einigung, können Unternehmer oder Betriebsrat gem. § 112 Abs. 2 BetrVG versuchen, eine gütliche Einigung durch Vermittlung des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder gem. § 112 Abs. 3 und Abs. 4 BetrVG durch die Einigungsstelle zu erreichen.

 

Rz. 83

 

Hinweis

Dabei haben diese Stellen nicht die Kompetenz, eine Entscheidung über den Interessenausgleich gegen die Vorstellungen einer Partei zu treffen. Folglich kann der Versuch, einen Interessenausgleich herbeizuführen, auch im Rahmen dieses Verfahrens scheitern. Der Grund liegt vor allem darin, dass dem Unternehmer, der die alleinige Verantwortung und das Risiko der von ihm geplanten Maßnahmen trägt, gegen seinen Willen kein Interessenausgleich aufgezwungen werden soll.

 

Rz. 84

Stimmen beide Seiten dem Interessenausgleich zu, ist das Verfahren damit beendet. Stimmt eine Partei dagegen nicht zu, muss der Unternehmer die Einigungsstelle anrufen, um die Ansprüche der Arbeitnehmer auf Nachteilsausgleich gem. § 113 BetrVG zu vermeiden.[72] Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Betriebsrat nicht zuvor den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit oder die Einigungsstelle zur Vermittlung gem. § 112 Abs. 2 BetrVG angerufen hat.

 

Rz. 85

Der Interessenausgleich kann zusammen mit dem Sozialplan verhandelt und abgeschlossen werden. Diese Vorgehensweise ist jedoch nicht zwingend. Auch ersetzt der Interessenausgleich bzw. die Verhandlung darüber mit dem Betriebsrat nicht die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates gem. § 102 Abs. 1 BetrVG.[73] Fraglich ist auch, ob im Hinblick auf die Wochenfrist des § 102 BetrVG die Unterschrift des Betriebsrates unter den Interessenausgleich als abschließende Stellungnahme des Betriebsrates i.S.v. § 102 BetrVG verstanden werden kann.

 

Rz. 86

Ein Verfügungsanspruch des Betriebsrats auf Einhaltung eines Interessenausgleichs bei einer Betriebsänderung besteht nicht. Für eine einstweilige Verfügung fehlt es darüber hinaus regelmäßig an einem Verfügungsgrund.[74]

[72] BAG v. 20.11.1970 – 1 AZR 409/69, NJW 1971, 774 = DB 1971, 534.
[73] Kübler/Prütting/Moll, InsO, § 125 Rn 80 f.; a.A. Warrikoff, BB 1994, 2338, 2342.
[74] LAG Köln v. 30.4.2004 – 5 Ta 166/04, ZIP 2004, 2155; a.A. LAG Thüringen v. 26.9.2000 – 1 TaBV 14/00, LAGE § 111 BetrVG 1972 Nr. 17 Unterlassungsanspruch; LAG Thüringen v. 18.8.2003 – 1 TaBV 104/03, ZIP 2004, 1118; siehe auch schon BAG v. 28.7.1991 – 7 ABR 72/90, ZIP 1992, 950, dazu EWiR 1992, 15 (Däubler).

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