Rz. 357

Grundsätzlich haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die private Nutzung des dienstlichen Telefons, denn dieses gehört zu den Betriebsmitteln des Arbeitgebers, über deren Organisation und Einsatz er allein entscheiden kann. Das bedeutet, dass er die private Nutzung gänzlich verbieten oder erlauben kann.[1014] Er kann den Umfang der privaten Nutzung auch an betrieblichen Belangen orientiert festlegen, zum Beispiel die Art oder die Dauer der privaten Nutzung einschränken.[1015] Der Arbeitnehmer ist an diesen Umfang gebunden. Verbietet der Arbeitgeber Privatgespräche, sind Ausnahmen nur für die Fälle der Pflichtenkolli­sion, anderer Notfälle oder der Privatgespräche aus dienstlichem Anlass gegeben.[1016]

 

Rz. 358

Die Gestattung von Privattelefonaten kann durch individuelle Nutzungsvereinbarung, kollektive Erlaubnis oder auch Duldung der Nutzung geschehen. Gerade bei letzterem muss jedoch berücksichtigt werden, dass bei längerfristiger Duldung (zwischen sechs und zwölf Monaten)[1017] nach Ansicht in der Literatur auch eine betriebliche Übung entstehen kann.[1018] Eine betriebliche Übung entsteht immer dann, wenn der Arbeitnehmer aus einer regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers schließen kann, dass die hierdurch gewährte Leistung auch zukünftig gewährt werden soll. Auf einen Verpflichtungswillen des Arbeitgebers kommt es nicht an.[1019] Es kann zwar vertreten werden, dass durch eine reine Duldung gerade keine Leistung gewährt wird und damit auch keine betriebliche Übung entstehen kann. Die Praxis sollte jedoch bis zur Klärung durch die (höchstrichterliche) Rechtsprechung mit der Möglichkeit der Entstehung von Ansprüchen aus betrieblicher Übung rechnen. Zur präventiven Vermeidung einer betrieblichen Übung kommen Freiwilligkeitsvorbehalte in Betracht, zur nachträglichen Beseitigung Widerrufsvorbehalte, in begrenztem Maße ablösende Betriebsvereinbarungen oder Änderungskündigungen.[1020] Im Falle einer betrieblichen Übung kann der Arbeitnehmer von der Duldung in angemessenem Umfang ausgehen.[1021] Gestattet der Arbeitgeber einigen Arbeitnehmern die Privatnutzung kann sich für die anderen Arbeitnehmer ein Anspruch auf Gestattung aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben.

[1014] Altenburg/v. Reinersdorff/Leister, MMR 2005, 135.
[1015] Von Steinau-Steinrück/Glanz, NJW-Spezial 2008, 402, 403; Dann/Gastell, NJW 2008, 2945, 2949.
[1016] Von Steinau-Steinrück/Glanz, NJW-Spezial 2008, 402; Ernst, NZA 2002, 585, 588; Mengel, BB 2004, 1445, 1446.
[1017] Barton, NZA 2006, 460, 461 f. m.w.N. zum Streit hinsichtlich des Zeitpunkts der Entstehung der betrieblichen Übung.
[1018] Fleischmann, NZA 2008, 1397; Barton, NZA 2006, 460, 461 f.; Däubler, AiB 1995, 149, 153; a.A. Koch, NZA 2008, 911; Mengel, BB 2004, 1445, 1446 f.
[1020] Zu den einzelnen Problemen Barton, NZA 2006, 460, 462 ff.

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