Rz. 56

Muster 2.15: Führungsvereinbarung im gemeinsamen Betrieb i.S.d. § 1 Abs. 2 BetrVG

 

Muster 2.15: Führungsvereinbarung im gemeinsamen Betrieb i.S.d. § 1 Abs. 2 BetrVG

Zwischen

1. dem Unternehmen _________________________ (Bezeichnung),

vertreten durch _________________________

– im Folgenden X-GmbH –

und

2. dem Unternehmen _________________________ (Bezeichnung),

vertreten durch _________________________

– im Folgenden Y-GmbH –

wird folgende Vereinbarung geschlossen:

§ 1

Die Unternehmen X-GmbH und Y-GmbH führen den Betrieb (Bezeichnung) der X-GmbH und den Betrieb (Bezeichnung) der Y-GmbH in _________________________ (Ort) ab dem _________________________ (Datum) als gemeinsamen Betrieb beider Unternehmen, in dem die vorhandenen Betriebsmittel und Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden.

§ 2

Die gemeinsame Leitung des gemeinsamen Betriebs übernimmt die Personalabteilung unter der Leitung von _________________________ (Personalleiter). Die Personalabteilung ist für alle im gemeinsamen Betrieb beider Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer zuständig und Ansprechpartner des Betriebsrats. Bezüglich der Kostenerstattung für die Leitungsaufgaben treffen die Parteien eine gesonderte Vereinbarung. Die Kosten der Personalabrechnung trägt jede Partei für die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer.

§ 3

(1) Die gemeinsame Leitung ist für alle personellen Angelegenheiten i.S.d. BetrVG aller Arbeitnehmer der am gemeinsamen Betrieb beteiligten Unternehmen zuständig. Der gemeinsame Betrieb der Parteien ist ein Betrieb i.S.d. Kündigungsschutzgesetzes. Die Parteien sind sich einig, dass deshalb Kündigungen nur nach Zustimmung beider Parteien ausgesprochen werden.

(2) Die Zuständigkeit der gemeinsamen Leitung erstreckt sich auch auf alle sozialen Angelegenheiten i.S.d. BetrVG mit Ausnahme der betrieblichen Vergütungsordnung gemäß §§ 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG.

§ 4

Die X-GmbH und die Y-GmbH tragen die finanziellen Verpflichtungen aus dem BetrVG grundsätzlich zu je 50 % (Alternativ: … im Verhältnis der Beschäftigtenzahl zum Stichtag jeweils zum 1.7. eines Jahres). Davon ausgenommen sind Verpflichtungen aus Sozialplänen oder einem Nachteilsausgleich gemäß §§ 112 ff. BetrVG, die allein vom jeweiligen Vertragsarbeitgeber zu tragen sind.

§ 5

Beide Parteien können diese Führungsvereinbarung mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündigen. Für den Fall der Kündigung verpflichten sich die Parteien, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine neue Vereinbarung zur organisatorischen Trennung des gemeinsamen Betriebs zu treffen.

(Ort, Datum)

(Unterschriften)

 

Rz. 57

Voraussetzung für das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs ist eine zumindest stillschweigend, besser aber schriftlich vereinbarte Verbindung der beteiligten Unternehmen zu einer gemeinsamen Leitung des Betriebs. Die institutionelle Einheitlichkeit wird im Formular durch eine gemeinsame Personalleitung, die als Ansprechpartner des Betriebsrats in allen Angelegenheiten fungiert, sichergestellt. Die institutionell einheitliche Leitung muss sich auf die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in sozialen und personellen Angelegenheiten i.S.d. BetrVG erstrecken, eine bloße Zusammenarbeit der Unternehmen reicht nicht.[218] Auch im gemeinsamen Betrieb bleiben Fragen der Entlohnung jedoch Sache des jeweiligen Vertragsarbeitgebers, da der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nur im Verhältnis zu demselben Arbeitgeber gilt.[219] Entsprechend können die Beteiligungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG in der Zuständigkeit der einzelnen Vertragsarbeitgeber verbleiben und aus der Führungsvereinbarung ausgenommen werden.[220] Der Wahlvorstand hat bei Anhaltspunkten für das Bestehen eines Gemeinschaftsbetriebes zweier Unternehmen im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens Anspruch auf die Personaldaten sämtlicher Arbeitnehmer unabhängig von der Unternehmenszugehörigkeit.[221]

 

Rz. 58

Im Bereich der wirtschaftlichen Mitbestimmung (§§ 106 ff. BetrVG) ist keine einheitliche Leitung erforderlich.[222] Dennoch kann das Vorliegen eines gemeinsamen Betriebs auch Auswirkungen auf diese Mitbestimmungsrechte haben: So ist in einem einheitlichen Betrieb mit mehr als 100 Arbeitnehmern auch dann ein Wirtschaftsausschuss zu bilden, wenn keines der beteiligten Unternehmen, auf die der Wortlaut der Vorschrift abstellt, selbst diesen Schwellenwert überschreitet.[223] Dieselbe Frage stellt sich im Rahmen der Beteiligungsrechte nach §§ 111 ff. BetrVG, die für den Schwellenwert von 20 Arbeitnehmern ebenfalls auf das Unternehmen abstellen.[224] Ob auch hier die Beteiligungsrechte bereits ausgelöst werden, wenn im Gemeinschaftsbetrieb mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt werden, während die Arbeitnehmerzahl der beteiligten Unternehmen den Schwellenwert unterschreitet, ist umstritten.[225] Hierfür lässt sich anführen, dass sich das BAG auch im Rahmen des § 99 BetrVG für eine analoge Anwendung der Vorschrift auf Versetzungen im Gemeinschaftsbetrieb entschieden hat, wenn mehrere Unternehmen mit jewe...

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