Rz. 607
Freistellungsvereinbarungen sind grundsätzlich weder gem. § 134 nichtig noch nach § 138 sittenwidrig, auch wenn sie äußerlich mit einem Vorschlag zur Regelung der elterlichen Sorge verbunden werden,[798] wohl aber dann, wenn dadurch die Zustimmung des anderen Elternteils zur Übertragung der elterlichen Sorge[799] und/oder ein Verzicht auf das Umgangsrecht[800] bzw. ein Verzicht auf dessen Ausübung[801] erreicht werden soll. Eine Freistellung ist zudem nur dann wirksam, wenn der Freistellende über die finanziellen Mittel verfügt, den Kindesunterhalt in der von dem freigestellten Elternteil geschuldeten Höhe zu bezahlen.[802]
Rz. 608
Freistellungsvereinbarungen der Eltern untereinander verstoßen grundsätzlich nicht gegen § 1614 Abs. 1 (i.V.m. § 134),[803] da sie den laufenden Unterhaltsanspruch als solchen nicht berühren. Sie entfalten Rechtswirkungen nur zwischen den Eltern und wirken nicht im Außenverhältnis zwischen dem Kind und dem freigestellten Elternteil mit der Folge, dass das Kind seine gesetzlichen Unterhaltsansprüche gegenüber jedem Elternteil ungeachtet der Vereinbarung der Parteien behält[804] und (auch) der freigestellte Elternteil aus §§ 1601 ff. zu Unterhaltszahlungen verpflichtet werden kann.[805] Der trotz Vereinbarung auf Unterhalt in Anspruch genommene Elternteil hat aus der Vereinbarung lediglich einen Anspruch auf Erstattung und im Übrigen auf die – vereinbarte – Freistellung.
Rz. 609
Allerdings sind im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG vom 6.2.2001[806] solche Verträge kritisch am Kindeswohl zu prüfen, wenn sie das Einkommen des betreuenden Elternteils und damit auch den für das Kind verfügbaren Betrag unangemessen schmälern.[807] Vereinbaren die Kindeseltern, dass der Kindesunterhalt vom barunterhaltspflichtigen Vater nicht in voller Höhe zu zahlen sei, ist diese Vereinbarung, weil die Kindesmutter wegen § 1614 ohnehin nicht wirksam auf Unterhalt verzichten kann, nur in der Weise auszulegen, dass sie den Vater von den Unterhaltsansprüchen der Kinder insoweit freistellen will, als von diesen weitergehende Kindesunterhaltsansprüche geltend gemacht würden, als in der Vereinbarung festgelegt.[808]
Rz. 610
Enthält ein solcher Vertrag neben der Freistellungsvereinbarung auch einen unwirksamen wechselseitigen Verzicht auf Trennungsunterhalt, so führt die Teilnichtigkeit nicht auch zur Nichtigkeit der Freistellungsabrede, wenn die Parteien diese bei Kenntnis der Nichtigkeit des Teilgeschäfts gleichwohl getroffen hätten.[809]
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