Rz. 403

Im Rahmen der verschärften Haftung des § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 besteht für den Unterhaltsschuldner nicht nur die gesteigerte Erwerbsobliegenheit hinsichtlich des Einsatzes seiner Arbeitskraft. Vielmehr muss er unter diesen Umständen auch den Stamm seines Vermögens zur Unterhaltsleistung einsetzen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Einkünfte des Unterhaltsschuldners einschließlich der Erträge aus seinem Vermögen[538] nicht für seine Leistungsfähigkeit gegenüber dem minderjährigen und/oder privilegiert volljährigen Kind ausreichen.[539] Der Vermögensstamm ist daher zur Sicherung des Existenzminimums des minderjährigen und/oder privilegiert volljährigen Kindes einzusetzen.[540] Dies gilt auch, wenn sich die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners nur kurzfristig erhöht.[541]

 

Rz. 404

 

Praxistipp

Für den Unterhaltsschuldner ist jedenfalls der Einsatz einer Abfindungszahlung, die er als Arbeitnehmer erhalten hat,[542] von Grundvermögen,[543] es sei denn, es dient der Sicherung des Lebensbedarfs eines pflegebedürftigen volljährigen Kindes,[544] sowie die Rückforderung einer Schenkung zumutbar.

 

Rz. 405

Allerdings hat die Pflicht des Unterhaltsschuldners zur Verwertung des Vermögensstamms Grenzen. Angelehnt an das Schonvermögen des § 90 SGB XII im Sozialhilferecht, soll auch im Unterhaltsrechtsverhältnis gegenüber dem minderjährigen und/oder privilegiert volljährigen Kind dasjenige Vermögen, das zur Bildung von Rücklagen für unvorhergesehene Auslagen bestimmt ist bzw. das aus Gründen der Unzumutbarkeit nicht berücksichtigt werden darf, von der Verpflichtung zur Verwertung ausgenommen sein.[545]

 

Rz. 406

 

Praxistipp

Schonvermögen i.S.d. § 90 SBG XII sind unter anderem kleine Barbeträge und sonstige Geldwerte bis zu einem Betrag in Höhe von derzeit 5.000 EUR.

 

Rz. 407

Sofern die Verwertung des Vermögensstamms durch den Unterhaltsschuldner wirtschaftlich unsinnig ist, scheidet sie aus.[546] Gleiches gilt, wenn der Vermögensstamm den notwendigen Eigenbedarf des Unterhaltsschuldners für dessen restliche Lebensdauer sichern soll.[547]

[538] OLG Nürnberg FamRZ 1996, 305.
[539] Weinreich/Eder, § 1603 Rn 259.
[540] BGH FamRZ 1986, 43; OLG München OLGR 2000, 78; OLG Koblenz FamRZ 2004, 1515.
[541] BGH FamRZ 1986, 48.
[543] BGH FamRZ 1986, 48.
[544] KG FamRZ 2003, 1854; OLG Köln FamRZ 2000, 1242.
[545] Weinreich/Eder, § 1603 Rn 261.
[546] BGH FamRZ 1980, 43.
[547] BGH FamRZ 1985, 691; 1989, 524; OLG Bamberg FamRZ 1999, 1019.

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