Rz. 372

Um seine Arbeitskraft bestmöglich auszunutzen, kann es für den Unterhaltsschuldner im Rahmen seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit angezeigt sein, den Arbeitsplatz, sogar den Wohnort und/oder Beruf[500] zu wechseln. Spiegelbildlich kann vom Unterhaltsschuldner verlangt werden, einen Arbeitsplatz-, Wohnorts und/oder Berufswechsel zu unterlassen, sofern ein solcher zu geringeren Einkünften führt.[501]

 

Rz. 373

 

Praxistipp

Sofern der Unterhaltsschuldner einer seiner Ausbildung entsprechenden Tätigkeit mit angemessener Vergütung nachgeht, kann von ihm nicht verlangt werden umzuziehen, um eine höhere Vergütung zu erzielen, wenn damit eine Einschränkung des Umgangs einhergeht.[502]

 

Rz. 374

In der Vergangenheit ist die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung zu den Pflichten des verschärft haftenden Unterhaltsschuldners geradezu ausgeufert.[503] Von Seiten des BVerfG wurde klargestellt, dass die übermäßige Ausweitung dieser Pflichten des Unterhaltsschuldners nicht verfassungsrechtlich haltbar ist.[504] Das BVerfG verlangt nun eine sorgfältige Abwägung sämtlicher wirtschaftlicher und persönlicher Belange des Unterhaltsschuldners. Insbesondere soll die Bindung des Unterhaltsschuldners durch ein noch nicht abbezahltes Eigenheim, Kosten des Umzugs, Wohnungsmehrkosten am neuen Wohnort, aber auch das Umgangsrecht des Unterhaltsschuldners in eine Gesamtbetrachtung der Umstände eingestellt werden.[505]

 

Rz. 375

 

Praxistipp

Die Prüfung, ob dem Unterhaltsschuldner im Rahmen seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit ein Arbeitsplatz-, Wohnorts und/oder Berufswechsel abverlangt werden kann, hat immer anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der dargestellten Merkmale zu erfolgen.[506] Dies gilt ebenso für die Verpflichtung einen solchen Wechsel zu unterlassen.

 

Rz. 376

Jedenfalls verletzt der Unterhaltspflichtige seine gesteigerte Erwerbsobliegenheit in ihrer Ausprägung als Obliegenheit zur Minderung des Aufwandes verletzt, wenn er es unterlassen hat, näher an seinen Arbeitsort zu ziehen, um beträchtliche Wegekosten einsparen zu können. Wegen des Verstoßes gegen die Obliegenheit, Wegekosten durch einen Umzug herabzusetzen, können einerseits angesetzte Fahrtkosten nicht vom Einkommen des Antragstellers abgezogen werden, andererseits kann auch eine Steuererstattung nicht hinzugerechnet werden, wenn Überwiegendes dafürspricht, dass hohe Wegekosten zur Erstattung der gezahlten Lohnsteuer geführt haben.[507]

[500] BGH FamRZ 1980, 1113.
[501] BGH FamRZ 1980, 1113, OLG Köln FamRZ 2002, 1426; OLG Thüringen OLGR 2003, 421; OLG Frankfurt FamRZ 2003, 298.
[503] Vgl. Weinreich/Eder, § 1603 Rn 227 m.w.N.

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