Rz. 3

Eigentlich könnte man meinen, telefonieren kann jeder. Die Telefon-Praxis ist jedoch allzu häufig sehr ernüchternd. Gerade das Telefon spielt in der Anwaltskanzlei eine bedeutende Rolle, da der Mandant meist mit einem Telefonat den ersten Kontakt mit der Kanzlei aufnimmt. Und der erste Eindruck entscheidet häufig, ob ein Mandat erteilt wird.

[Autor] Brunner-Ovadia

I. Annahme des Telefonats

 

Rz. 4

I.d.R. sollte das Telefonat nach dem zweiten und vor dem fünften Klingeln angenommen werden.

Mit dem ersten Klingeln wäre man zu schnell am Hörer und würde signalisieren, man hätte nichts anderes zu tun und würde nur vor dem Telefon sitzen und warten. Außerdem sollte man sich für den Anrufer auch Zeit nehmen und einmal durchatmen, bevor man ans Telefon geht.

Lässt man das Telefon hingegen zu lange klingeln, erweckt man den Eindruck, die Kanzlei wäre zurzeit nicht besetzt. Es könnte passieren, dass der Anrufer enttäuscht auflegt.

II. Meldung

 

Rz. 5

Immer wieder hört man die Meldung "Anwaltsbüro, Guten Tag". Diese Meldung mag vor 20 Jahren zeitgemäß gewesen sein, entspricht jedoch nicht mehr dem heutigen Standard.

 

Rz. 6

 

Hinweis:

Die Regel lautet: Tagesgruß (z.B. Guten Morgen) – Firmennamen – persönlicher Vor- und Zuname

 

Rz. 7

Wichtig ist dabei, immer langsam und deutlich zu sprechen, insbes. wenn sich der Firmenname aus einer freien Buchstabenkombination wie z.B. "itg Rechtsanwälte" zusammensetzt.

Im Rahmen der Corporate Identity (Firmenidentität) sollte die Kennung kanzleiintern festgelegt sein und von allen Mitarbeitern benutzt werden.

Bei Sozietäten mit mehreren RA sollte sich auf eine möglichst kurze, prägnante Firmenkennung geeinigt werden. Nichts ist für den Anrufer, der ein wichtiges Anliegen hat, belastender als eine endlose Meldung am Telefon.

Letztendlich ist dies jedoch eine Entscheidung der Chefs und kann von den KollegInnen nur durch Vorschläge unterstützt werden.

 

Rz. 8

Ein weit verbreiteter Einwand bei der Kennung ist ferner: "mein Vorname geht niemanden etwas an".

Der eigentliche Grund dafür ist nicht wirklich ersichtlich.

I.d.R. verbessert sich das Telefonverhalten der Anrufer deutlich, wenn eine vollständige persönliche Namensnennung erfolgt.

Dies liegt wohl daran, dass

man sich Namen sehr viel besser merken kann, wenn man Vor- und Nachnamen kennt. Insbes. ausländische Mandanten können sich so Namen besser merken und sprechen Sie gezielt an.
man zeigt mit der Nennung des Vornamens mehr Präsenz und signalisiert mehr Fachkompetenz. Bedenken Sie, letztendlich ist der Vorname Ihres/r Chefs/in auch bekannt. Insbes. im Rahmen funktionierender Chefentlastung und Assistenz erleichtert die Nennung des Vornamens die Gesprächsführung. In den Augen des Mandanten ist Frau A "nur" die Sekretärin, die Telefonate weiterverbindet und Kaffee kocht. Doch der Job von Rechtsanwaltsfachangestellten ist eben weit mehr, – eben auch Sachbearbeitung und assistierende Tätigkeiten. Assistenten werden jedoch (auch gerade in der Wirtschaft) mit Vor- und Namen vorgestellt.
man durch die Nennung des Vornamens noch einmal den Anrufer ein Signal setzt, dass dieser nunmehr besonders aufpasst, um Ihren Namen zu verstehen.

III. Lächeln am Telefon

 

Rz. 9

Immer wieder in Telefonseminaren gefordert ist ein Lächeln am Telefon.

Damit ist gemeint, dass sich Ihre allgemeine Stimmung auf den Anrufer überträgt und somit den weiteren Gesprächsverlauf beeinflusst und Sie daher in einer freundlichen Grundstimmung ans Telefon gehen sollten.

Sie werden vielleicht bereits gemerkt haben, dass Sie, wenn Sie gut gelaunt ans Telefon gehen, der Gesprächsverlauf – auch bei möglichen Beschwerden – meist viel erfreulicher verläuft. Callcenter hängen deshalb Spiegel an die Telefonkabine, um so ihren Mitarbeitern die Kontrolle des Lächelns zu ermöglichen.

Hintergrund hierfür ist, dass jede Kommunikation über den eigentlichen Wortsinn weit hinausgeht. Jede Botschaft besteht zunächst einmal aus einem verbalen (den eigentlichen Worten) und einem nonverbalen Teil (Intonation oder Körperhaltung). Dabei bestimmt auch die Körperhaltung am Telefon durchaus die Intonation des Gesagten.

 

Rz. 10

 

Praxistipp:

Eine interessante Übung hierzu können Sie gern einmal mit Ihren Kollegen ausprobieren:

Sagen Sie den Satz: "Was kann ich für Sie tun" mit folgenden Grundstimmungen:

1. Eilig
2. Aggressiv
3. Müde
4. Freundlich

Und fragen anschließend Ihre Kollegen, wie sie den jeweiligen Satz empfunden hat.

 

Rz. 11

Soweit die Theorie, die Praxis sieht jedoch in den Anwaltskanzleien meist anders aus. In den wenigsten Kanzleien (meistens nur in den Großkanzleien) gibt es nur ­Telefonistinnen. Die Rechtsanwaltsfachangestellten sind klassischer Weise Allrounder, die gleichzeitig Mandanten bewirten, Akten abrechnen, Zwangsvollstreckung betreiben, Bänder schreiben und eben auch telefonieren – am besten auf mehreren Leitungen gleichzeitig. In diesem Multitasking-Stress bleibt häufig das Lächeln auf der Strecke.

 

Rz. 12

 

Praxistipp:

Was jedoch fast immer hilft: Nehmen Sie sich vor der Annahme des Anrufes die Zeit kräftig durchzuatmen. Dadurch wird der Stress minimiert und...

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