Rz. 8

Aufgrund des Zweiten Erbrechtsgleichstellungsgesetzes ergab sich folgende zeitliche Abstufung:[5]

Erbfälle ab Inkrafttreten des Gesetzes: Für alle Erbfälle, die nach der Verkündung der Neuregelung eintreten, werden alle vor dem 1.7.1949 geborenen nichtehelichen Kinder den ehelichen Kindern gleichgestellt. Sie werden genau wie diese zu gesetzlichen Erben.
Erbfälle ab dem 29.5.2009 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes: Da bei Altfällen vor Inkrafttreten des Gesetzes das Vermögen der Verstorbenen bereits auf die nach alter Rechtslage zunächst berufenen Erben übergegangen ist, sollte die Erbschaft diesen nur in sehr engen verfassungsrechtlichen Grenzen wieder entzogen oder geschmälert werden können. Daher wurde die Neuregelung nur auf solche Todesfälle erweitert, die sich erst nach der Entscheidung des EGMR in Sachen Brauer ./. BRD am 28.5.2009 ereignet haben. Denn ab dieser Entscheidung sollten die nach altem Recht berufenen Erben nicht mehr auf ihre volle Rechtsstellung und damit auf ihr erlangtes Erbe vertrauen können. Das Gesetz trat deshalb rückwirkend zum 29.5.2009 in Kraft.
Erbfälle vor dem 29.5.2009: War der Erbfall bereits vor diesem Termin eingetreten, sollte es wegen des verfassungsrechtlich verankerten Rückwirkungsverbots grundsätzlich bei der früheren Rechtslage verbleiben. Eine Ausnahme wurde nur in den Fällen vorgesehen, in denen der Staat selbst zum Erben wurde (§ 1936 BGB), z.B. weil es weder Verwandte noch Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner gab oder weil die Erbschaft ausgeschlagen wurde. Dann hat der Staat den Wert des von ihm ererbten Vermögens an die betroffenen nichtehelichen Kinder auszuzahlen. Diese Regelung kann nach Auffassung des EGMR gegen die EMRK verstoßen (zu den Konsequenzen vgl. ausführlich Rdn 15 ff.).
 

Rz. 9

Insgesamt ergibt sich die folgende Übersicht über die erbrechtliche Stellung nichtehelicher Kinder:[6]

 

Rz. 10

 

Übersicht 1: Erb- und Pflichtteilsrecht im Verhältnis nichtehelicher Vater/Abkömmlinge

Erbfall DDR-Bürger Bundesbürger
vor dem 1.4.1966

Altes BGB:

§ 1589 Abs. 2 a.F. "ein uneheliches Kind und dessen Vater gelten als nicht verwandt"
ab 1.4.1966 Gleichstellung minderjähriger, u.U. auch volljähriger Kinder durch § 9 EGFGB  
ab 1.7.1970

BGB i.d.F. des NEhelG:

für nichteheliche Kinder i.d.R. ein in Geld zu erfüllender Erbersatzanspruch

Ausnahme:

Altes BGB gilt weiter, wenn das Kind vor dem 1.7.1949 geboren ist

(aber Legitimation durch spätere Ehe der Eltern möglich)
Ab 1.1.1976 Vollständige Gleichstellung durch das ZGB    
Ab 3.10.1990 Gleichstellung zur Besitzstandswahrung (auch für die vor dem 1.7.1970 geborenen Kinder), wenn das Kind vor dem 3.10.1990 geboren ist und der Vater am 2.10.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der ehemaligen DDR hatte Kind ab 3.10.1990 geboren: BGB i.d.F. des NEhelG    
ab 1.4.1998  

Ausnahmsweise Weitergeltung der bisherigen Vorschriften, wenn vorzeitiger Erbausgleich vor dem 1.4.1998 zuerkannt wurde

Im Übrigen Gleichstellung
Nach wie vor nicht gesetzlich gleichgestellt, aber sog. Gleichstellungsvereinbarung möglich. Nichtgleichstellung kann jedoch gegen EMRK verstoßen (vgl. Rdn 15 ff.).
ab 29.5.2009  

Ausnahmsweise Weitergeltung der bisherigen Vorschriften, wenn vorzeitiger Erbausgleich vor dem 1.4.1998 zuerkannt wurde

Im Übrigen Gleichstellung
Gleichstellung
[5] Vgl. Pressemitteilung des BMJ v. 25.2.2011, ZEV 2011, Heft 4, VI.
[6] Nach Rebhan, MittBayNot 2011, 285, 288 im Anschluss an von Dickhuth-Harrach, Handbuch der Erbfolge-Gestaltung, 2011, S. 93.

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