Rz. 6

Auch durch Adoption kann eine Verwandtschaft gem. §§ 1741 ff. BGB begründet werden. Die Auswirkungen des Erbrechts adoptierter Kinder hängen davon ab, ob die Adoption vor dem 1.1.1977 erfolgte und ob die Adoption Voll- oder Minderjährige betrifft.

1. Rechtsfolge bei Adoption Minderjähriger

 

Rz. 7

Bei der Adoption Minderjähriger erwirbt das adoptierte Kind den Status eines ehelichen Kindes, § 1754 BGB. Daraus erwächst dem adoptierten minderjährigen Kind ein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht. Zu den bisherigen Verwandten erlischt laut § 1755 BGB das vormalige Verwandtschaftsverhältnis. Dies gilt selbst dann, wenn das adoptierte Kind seinerseits Abkömmlinge hat. Eine Ausnahme gilt nur bei Verwandtschaft zweiten oder dritten Grades, da insoweit nur die Rechte gegenüber den leiblichen Eltern erlöschen, § 1756 BGB. Für die ehemalige DDR ist hinsichtlich der Annahme minderjähriger Kinder Folgendes zu beachten: Die vor dem Beitritt erfolgten Annahmeverhältnisse von minderjährigen Kindern haben die Wirkungen einer Volljährigenadoption.[7] Zwischenzeitlich hat das BVerfF auch geklärt, dass eine Stiefkindadoption nicht per se vom Gesetzgeber ausgeschlossen werden kann, wenn die Partner nicht miteinander verheiratet sind. Ist die Beziehung zwischen dem leiblichen Elternteil und dem Stiefelternteil so gestaltet, dass sie dauerhaften Bestand verspricht, kann die Stiefkindadoption zugelassen werden.[8] Andernfalls wäre eine Ungleichbehandlung gem. Art. 3 Abs. 1 GG der betroffenen Kinder gegeben, weil es Kinder in Stiefkindfamilien gegenüber Kindern in ehelichen Stiefkindfamilien ohne sachlichen Grund benachteiligen würde, wenn jene nur deshalb nicht adoptiert werden könnten, weil die Partner unverheiratet sind.

2. Rechtsfolge bei Adoption Volljähriger

 

Rz. 8

Nach § 1767 Abs. 1 BGB kann ein Volljähriger nur dann als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Hierzu ist vor allem zwischen dem Annehmenden und Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis als Grundlage der Kindesannahme notwendig, § 1767 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Aufgrund der zum 1.1.2009 eingetretenen Änderung des ErbStG wurde vielfach überlegt,[9] aus steuerlichen Erwägungen heraus zu adoptieren, um zugunsten des Adoptierten den hohen Erbschaftsteuerfreibetrag von 400.000 EUR auszunutzen. Dem hat die Rspr. eine klare Absage erteilt: Stehen bei einer Erwachsenenadoption steuerliche Motive im Vordergrund, muss diese vom Vormundschaftsgericht wegen mangelnder sittlicher Rechtfertigung gem. § 1767 Abs. 1 BGB abgelehnt werden.[10]

Die Annahme Volljähriger begründet die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes. Allerdings werden der adoptierte Volljährige sowie dessen eigene Abkömmlinge nur mit den annehmenden Eltern verwandt, nicht jedoch mit deren eigenen Verwandten. Dies kann durch eine Volladoption Volljähriger umgangen werden, wenn selbiges vom Vormundschaftsgericht angeordnet wird.

[9] Vgl. Becker, ZEV 2009, 25 ff.
[10] OLG München ZErb 2009, 96, mit Anm. Roth, NJW-Spezial 2009, 168.

3. Rechtslage und Erbrecht adoptierter Kinder vor dem 1.1.1977

 

Rz. 9

Erfolgte die Adoption bis zum 31.12.1976, wurde die Verwandtschaft des angenommenen Kindes zu den leiblichen Eltern und deren Verwandten nicht aufgehoben. Daher behielt das adoptierte Kind sein volles Erb- und Pflichtteilsrecht gegenüber den Blutsverwandten, § 1964 BGB a.F. Daneben erhielt das adoptierte Kind ein Erbrecht auf das Ableben des Annehmenden, es sei denn dies wurde im Adoptionsvertrag explizit ausgeschlossen. Der Annehmende selbst erhielt gegenüber dem Adoptivkind kein Erbrecht, § 1759 BGB a.F. Hierfür war ein Kindesannahmevertrag notwendig, wobei eine Unterscheidung zwischen der Adoption Minderjähriger oder Volljähriger nicht vorgenommen wurde. Sofern bei der Volljährigenadoption vertraglich das Erbrecht gegenüber dem Annehmenden ausgeschlossen wurde, besitzt diese Regelung weiterhin Rechtsgültigkeit. Zu beachten ist die Übergangsregelung nach § 12 AdoptG, sofern der Annehmende vor dem 1.1.1977 verstorben ist. Bei der Minderjährigenadoption gilt seit 1.1.1977 grundsätzlich die neue Rechtslage, die auch dann anzuwenden ist, wenn die Minderjährigenadoption vor dem 1.1.1978 erfolgte,[11] der Todesfall danach.

 

Rz. 10

Bei einer Stiefkindadoption, bei der ein nicht eheliches Kind eines verheirateten Elternteils von dessen Ehepartner bis 1.7.1998 angenommen wurde, bleibt das gesetzliche Erbrecht nach diesem Elternteil bestehen.[12] Über § 1755 Abs. 2 BGB gilt nunmehr für alle Stiefkinder ein Erbrecht nach den Blutsverwandten des adoptierten Kindes.[13]

 

Rz. 11

 

Übersicht: Erbrecht des adoptierten Kindes

Erbrecht des adoptierten Kindes gegenüber Gesetzeslage vor dem 1.1.1977 Kind minderjährig Gesetzeslage vor dem 1.1.1977 Kind volljährig Gesetzeslage nach dem 1.1.1977 Kind minderjährig Gesetzeslage nach dem 1.1.1977 Kind volljährig
Leiblichen Eltern Erbrecht bleibt bestehen, § 1764 BGB a.F. Erbrecht bleibt bestehen, § 1764 BGB a.F. Erbrecht erlischt, § 1755 Abs. 1 BGB mit Ausnahme bei Halbwaisenadoption, § 1756 Abs. 2 BGB Erbrecht bleibt erhalten, § 1770 BGB mit Ausnahme bei ...

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