Rz. 73

Das RG[86] hat eine Verfügung für zulässig erklärt, wonach der Erbe aus einem eng begrenzten Bedachtenkreis ausgewählt werden kann und die Kriterien für die Auswahl so genau bestimmt sind, dass für eine willkürliche Entscheidung des Dritten kein Raum bleibt. Allerdings hat der BGH diese Möglichkeit eingeschränkt, und zwar dahingehend, dass eine Ermessensentscheidung eines Dritten nicht möglich ist.[87] Nach Ansicht des BGH soll es einem Dritten möglich sein, den Erben zu bezeichnen, nicht aber die Bestimmung des Bedachten selbst zu treffen.[88] Der Erblasser hat deshalb den Kreis der Bedachten so detailliert zu bestimmen, dass einem Dritten die Bezeichnung des Bedachten ohne eigenes Ermessen möglich ist. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist allerdings das berechtigte Interesse des Erblassers, wonach dieser auch zukünftige, zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht vorhersehbare Entwicklungen in seiner letztwilligen Verfügung berücksichtigen will, entgegenzuhalten. Gerade bei der Vor- und Nacherbschaft kann zwischen dem Tod des Erblassers und dem Eintritt des Nacherbfalls eine sehr lange Zeitspanne liegen. Aus diesem Grund spricht einiges dafür, dem Reichsgericht zuzustimmen und als Regulativ die Willkür des Dritten heranzuziehen. Ob sich im Ergebnis trotz unterschiedlicher Begrifflichkeiten aber tatsächlich ein ins Gewicht fallender Unterschied zwischen der Rechtsprechung des RG und des BGH ergibt, ist durchaus zweifelhaft.[89] Die Kriterien für die Nacherbenbestimmung müssen in jedem Fall so klar vorgegeben sein, so dass für eine willkürliche Entscheidung des Dritten kein Raum bleibt.

[86] RGZ 159, 296.
[87] BGH NJW 1955, 100.
[88] BGHZ 15, 199.
[89] Karczewski, ZEV 2018, 192 (mit umfassenden Ausführungen zur Problematik).

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