Rz. 248

Vermögen kann nur soweit berücksichtigt werden, als es nicht schon beim Einkommen (z.B. durch Erträge) berücksichtigt worden ist. Die Vermögensverhältnisse der Beteiligten sind, wie sie sich auf der Grundlage ihres Vermögens objektiv ergeben, zu berücksichtigen.[203]

 

Rz. 249

Einheitlich wird in Schrifttum und Judikatur davon ausgegangen, dass bei der Bewertung des Vermögens Freibeträge abzuziehen sind.

Die Rechtsprechung geht dabei von unterschiedlichen Abzügen aus:

Abzug von Freibeträgen nach dem früheren § 6 VermStG A.F. (Vermögenssteuergesetz) in Höhe von 70.000,00 DM je Ehegatte (sofern Vermögen bei diesem vorhanden ist) und 35.000,00 DM pro Kind[204]
30.000,00 EUR je Ehegatte und 10.000,00 EUR pro Kind[205]
30.000,00 EUR je Ehegatte und 15.000,00 EUR je Kind[206]
pro Ehegatten 60.000,00 EUR und 60.000,00 EUR je Kind[207]
pro Ehegatten 60.000,00 EUR[208]
pro Ehegatten 60.000,00 EUR und 10.000,00 EUR je Kind[209]
pro Ehegatte 60.000,00 EUR und zusätzlich 30.000,00 EUR je Kind[210]
30.000,00 DM je Ehegatte und weitere 15.000,00 DM pro Kind[211]
15.000,00 / 30.000,00 EUR je Ehegatte und 7.500,00 EUR pro Kind[212]
60.000,00 EUR für den Ehegatten und 30.000,00 EUR je Kind[213]
20.000,00 EUR für jeden Ehegatten und 10.000,00 EUR pro Kind[214]
Für jeden Ehegatten 60.000,00 EUR, für auswärts wohnende Kinder kein zusätzlicher Abzug[215]
30.000,00 EUR je Ehegatte[216]
 

Rz. 250

Während jedoch die Rechtsprechung teilweise die früher geltenden Vermögenssteuerfreibeträge mit oder ohne prozentuale Abschläge schematisch übernommen, teilweise nur vermögenssteuerpflichtiges Einkommen bei der Bewertung herangezogen hat,[217] oder gar vermögenssteuerrechtliche Freibeträge grundsätzlich unbeachtet ließ,[218] wird andererseits die Meinung vertreten, dass unter einer

Zitat

"wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung der vermögensrechtlichen Situation i.V.m. den anderen Bewertungsfaktoren eine die Interessen des Justizfiskus und der Parteien billig erscheinende Bewertung"

entscheidend ist.[219]

 

Rz. 251

Als möglicherweise in eine neue Richtung weisend könnte sich die Entscheidung des OLG Brandenburg vom 11.2.2016 erweisen, das dem Abzug von Freibeträgen eine klare Absage erteilt:[220]

Zitat

"Bei der Festsetzung des Werts für die Ehesache ist von dem Verkehrswert des Grundstücks ein Abschlag im Hinblick auf einen Freibetrag nicht vorzunehmen, sondern es fließt der gesamte Verkehrswert mit einem Anteil von 5 % in die Wertbemessung ein. Ein Freibetrag ist entbehrlich, weil der Vermögenswert nicht uneingeschränkt, sondern lediglich mit einem Bruchteil für die Wertbemessung herangezogen wird. Eine Erhöhung des Einkommens wegen des mietfreien Wohnens kommt jedenfalls kumulativ zur Berücksichtigung des Verkehrswertes nicht in Betracht. (von der Schriftleitung Beck-Online bearbeitete Leitsätze des Gerichts)"

Auch das OLG Köln vertritt die Meinung, dass die Auffassungen zu derartigen Abzügen von Freibeträgen zu verwerfen seien, da sich hierfür kein Anknüpfungspunkt aus dem Gesetz ergebe. Anzuknüpfen sei vielmehr an § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 SGB XII.[221]

 

Rz. 252

Dieser Auffassung wiederum widerspricht das OLG Bamberg:[222]

Zitat

"1. Soweit beim Teilverfahrenswert der Ehesache gemäß § 43 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 FamGKG die Einkommensverhältnisse der beteiligten Ehegatten Berücksichtigung finden, ist der Ansatz eines Freibetrages je unterhaltsberechtigtem Kind hierbei von monatlich 250,00 EUR angemessen und nicht zu beanstanden."

2. Die Herausnahme einzelner Vermögensarten aus der Verfahrenswertbemessung gem. § 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG als Schonvermögen nach § 90 SGB XII ist nicht gerechtfertigt. Infolgedessen ist das selbst bewohnte Eigenheim zu berücksichtigen.

3. Die Berücksichtigung eines Freibetragen für jeden beteiligten Ehegatten bezüglich des gemeinsamen Vermögens von 60.000,00 EUR und für jedes unterhaltsberechtigte Kind in Höhe von weiteren 30.000,00 EUR ist angemessen und angezeigt (vgl. OLG München FamRZ 2009, 1703; OLG Bamberg JurBüro 2017, 86).

4. Von diesem bereinigten Vermögenswert ist lediglich ein Bruchteil bei der Verfahrenswertberechnung zu berücksichtigten, der nach ganz überwiegender Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung regelmäßig mit 5 % zu berechnen ist (OLG Hamm FamRZ 2015, 1748 m.w.N.; OLG Bamberg JurBüro 2017, 86).“

 

Rz. 253

Es wäre wirklich wünschenswert, wenn der Gesetzgeber hier Klarheit schaffen würde. Der Abzug von Freibeträgen, die sich aus einem Vermögenssteuergesetz ableiten lassen, das nach der Entscheidung des BVerfG aus dem 1997 wegen Verfassungswidrigkeit nicht mehr angewendet wird, erscheint doch sehr zweifelhaft. Es würde der erheblichen Erleichterung in der Praxis dienen, wenn das Vermögen, das ohnehin nur mit einem geringen Prozentsatz bei der Wertberechnung angesetzt wird, nicht noch um solche – nicht mehr existenten – Freibeträge abgesenkt wird.

 

Rz. 254

Die auf dem Vermögen ruhenden Belastungen sowie erhebliche tatsächliche Schulden sind abzuziehen.[223] Grundbesitz ist mit dem ...

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