Rz. 160

Oftmals ärgerlich für den Anwalt sind die Fälle, bei denen sich nach Auskunftserteilung ergibt, dass kein Zahlungsanspruch besteht, das Verfahren sozusagen in der Auskunftsstufe steckenbleibt, weil keine Bezifferung des Leistungsantrags mehr erfolgt.

 

Rz. 161

 

Praxistipp

Gerade in Verfahren, in denen Verfahrenskostenhilfe beantragt wird, ist in der Praxis zu beobachten, dass häufig bei Stufenanträgen keinerlei Wertangabe erfolgt, da keine Gerichtskosten im Voraus zu zahlen sind. Die Nachlässigkeit bei dem Versuch, den Wert zu ermitteln, kann sich im Nachhinein als sehr negativ herausstellen. Wird kein vorläufiger Wert angegeben, öffnet dies dem Gericht die Möglichkeiten, bei sog. "stecken gebliebenen" Stufenanträgen den Wert sehr niedrig festzusetzen, wenn sich nach Auskunftserteilung ergibt, dass kein Leistungsanspruch besteht, da die Rechtsprechung hier uneinheitlich ist.

 

Rz. 162

Kommt es im Laufe des Verfahrens aus verschiedenen Gründen nicht zu einer Bezifferung des Leistungsantrags, muss für diesen gleichwohl ein Wert angesetzt werden, da der Leistungsantrag mit Einreichung bereits anhängig gemacht worden ist und die Bewertung gem. § 34 FamGKG zum Zeitpunkt der Einreichung vorzunehmen ist.[97] Erst nach Ansatz eines Werts für den Leistungsantrag kann dann festgestellt werden, welcher der Anträge nach § 38 FamGKG tatsächlich zählt, weil er der höhere ist. Indiz für die Vorstellungen sind insbesondere außergerichtliche Aufforderungsschreiben.[98]

 

Rz. 163

Wertbestimmend bleibt selbst nach der älteren Rechtsprechung auch bei derartigen Verfahren der (erwartete) Leistungsanspruch als höchster Einzelanspruch.[99] Der erwartete Leistungsanspruch ist auch dann maßgeblich, wenn die tatsächliche Bezifferung nach Auskunftserteilung dahinter zurückbleibt.[100]

 

Rz. 164

 

Praxistipp

Man sollte den geschätzten Wert auch dann angeben, wenn wegen eines VKH-Antrags keine Gerichtskosten vorzuschießen sind. So kann man bereits frühzeitig dem Gericht gegenüber signalisieren, von welcher Bewertung man selbst ausgeht.

 

Rz. 165

Auch in der aktuellen Rechtsprechung wird die Ansicht, dass der Leistungsantrag maßgeblich ist, auch wenn er unbeziffert bleibt, vertreten.

Zitat

"Gem. § 38 FamGKG ist für die Wertberechnung eines Stufenantrags der höhere der verbundenen Ansprüche auch dann maßgebend, wenn der Stufenantrag "steckenbleibt".[101]"

 

Rz. 166

Das OLG Karlsruhe hatte ebenfalls keine Bedenken, auf die von der Antragstellerin mit Antrag mitgeteilte vorgestellte Größenordnung bei der Wertfestsetzung abzustellen.[102]

Die Auffassung des OLG Karlsruhe wird von einigen weiteren OLGs und auch im Schrifttum geteilt,[103] so unter anderem vom OLG Bremen, das den vom Gericht für den steckengebliebenen Stufenantrag zunächst auf 1.000 EUR festgesetzten Wert auf 31.213 EUR abänderte.[104]

 

Nur zur Anschauung:

Eine 1,3 Verfahrensgebühr aus einem Wert von 1.000 EUR beträgt 104,00 EUR; bei einem Wert von 31.213 EUR beträgt sie 1.219,40 EUR. Bei Verfahrenskostenhilfe ändert sich die 1,3 Gebühr aus einem Wert von 1.000 EUR nicht, es bleibt bei 104,00 EUR; die 1,3 Gebühr aus 31.213 EUR beträgt immerhin noch 581,10 EUR.

In konsequenter Anwendung dieser Ansicht bleibt es aber auch dann bei dem höheren Wert (Zeitpunkt: Antragseinreichung!), wenn sich nach Auskunftserteilung ein niedrigerer Anspruch ergibt.[105] Auf die sich hieraus ergebende Kostenfolge sollte man den Mandanten durchaus rechtzeitig hinweisen.

 

Rz. 167

Diese Auffassung wird nicht von allen Gerichten geteilt. Zum Teil wird davon ausgegangen, dass der stecken gebliebene Leistungsanspruch nicht höher als der Auskunftsanspruch sein kann.[106] Dieser Auffassung, die auch das Kostenrisiko der Antrag stellenden Partei anspricht, ist m.E. nicht zu folgen. Denn in der Regel verursacht ja gerade der Auskunftsverpflichtete den Stufenantrag und wird bei vermögensrechtlichen Angelegenheiten wie der Geltendmachung von Unterhalts- oder Zugewinnausgleichsansprüchen nicht selten die Kosten des Verfahrens zu tragen haben, vgl. dazu beispielhaft § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Auch aus diesem Aspekt heraus sollte sich die Wertberechnung durchaus auch an der Vorstellung des Antragstellers zur Anspruchshöhe orientieren. Ansonsten kann ein Auskunftspflichtiger ohne großes Kostenrisiko zunächst die Auskunft verweigern bzw. nur unzureichend erteilen.

 

Rz. 168

Auch bei Vergleichsabschluss sollte in Bezug auf die Kostenregelung an die Kostenfolgen der Wertangaben gedacht werden. Ein Taktieren kann sich teuer auswirken, wenn selbst sicher feststehende Zahlungsansprüche erst im Laufe des Rechtsstreits anerkannt werden, da sich der Verfahrenswert nach dem Wert richtet, der sich aus der die Instanz einleitenden Antragstellung ergibt, § 34 FamGKG.

Zitat

"1. Der Verfahrenswert richtet sich bei einem Stufenantrag insgesamt nach dem Wert der werthöchsten Stufe; dieser Wert ist zugleich auch für einen insgesamt verfahrensbeendenden Vergleich maßgeblich und zwar selbst dann, wenn der Verfahrenswert durchgreifend durch eine anfänglich auf ...

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