Rz. 376

Bei den Schutzanordnungen nach § 1 Abs. 1 GewSchG handelt es sich um die Maßnahmen, die getroffen werden können, wenn es zu einer Verletzung von Gesundheit oder Freiheit des Opfers gekommen ist.

 

Rz. 377

 

§ 1 GewSchG

(1) Hat eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit einer anderen Person widerrechtlich verletzt, hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Anordnungen sollen befristet werden; die Frist kann verlängert werden. Das Gericht kann insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt,

1. die Wohnung der verletzten Person zu betreten,
2. sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten,
3. zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält,
4. Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (red. Anmerkung: Fax, Handy, Telefon, e-mail, etc.), aufzunehmen,
5. Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen,

soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist.

 

Rz. 378

§ 1 Abs. 2 GewSchG erklärt die Maßnahmen des § 1 GewSchG für anwendbar, wenn es zwar nicht zu einer Verletzung der Gesundheit oder Freiheit gekommen ist, der Täter jedoch sein Opfer entsprechend bedroht oder ihm nachgestellt hat sowie in den Fällen, wenn der Täter widerrechtlich in die Wohnung einer anderen Person oder deren befriedetes Besitztum eindringt.

§ 1 Abs. 1 und 2 GewSchG gelten im Übrigen gemäß § 1 Abs. 3 auch dann, wenn der Täter aufgrund krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder aufgrund eines Rausches gehandelt hat. Diese Regelung schützt das Opfer davor, dass sich der Täter entsprechender Rechtsverfolgung entzieht, indem er z.B. seinen alkoholisierten oder unter Drogeneinfluss befindlichen Zustand als Entschuldigung für sein Verhalten anführt.

 

Rz. 379

Von großer Bedeutung ist die Tatsache, dass § 1 GewSchG sich nicht auf eine bestehende Beziehung zwischen Täter und Opfer bezieht, sondern auch in den Fällen Anwendung findet, wo eine solche Beziehung eben gerade nicht besteht. Dem Leser ist sicherlich bekannt, dass insbesondere das bekannte Nachstellen von Stars durch einen Fan, bezeichnet als sogenanntes "Stalking", in Amerika schon lange rechtlich geahndet werden kann, während diese Möglichkeit in Deutschland erst mit dem Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes seit 1.1.2002 gegeben ist. Durch das GewSchG können sich Opfer nun effektiv gegen unerwünschte Überwachung und Beobachtung, ständige demonstrative Anwesenheit des Täters in Opfernähe, Telefonterror, ständigen Mitteilungen über Telefax, Mobiltelefon oder per E-Mail wehren.

 

Rz. 380

Es war zwar schon in der Vergangenheit möglich, nach den Vorschriften des Rechts der unerlaubten Handlung gemäß § 823 ff. BGB Ansprüche geltend zu machen, § 1 GewSchG stellt die von den Gerichten jedoch früher eher zurückhaltend aus dem Deliktsrecht hergeleiteten Ansprüche nun auf eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage.

 

Rz. 381

Mit dem neuen FamFG wurde das Familiengericht für jedes Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz zuständig; bis zum 31.8.2009 war die Zuständigkeit auf Personen, die aus dem sogenannten sozialen Nahbereich stammten, beschränkt.

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