Rz. 194

Das Erbrecht nach dem Erblasser begründet ein Rechtsverhältnis, das in streitigen Fällen durch die Erbenfeststellungsklage, § 256 Abs. 1 ZPO, einer gerichtlichen Entscheidung zugängig gemacht werden kann. Das Feststellungsinteresse und Rechtsschutzbedürfnis liegen auch dann vor, wenn ein Erbscheinsverfahren parallel betrieben werden könnte, betrieben wird oder schon abgeschlossen wurde.[280] Eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 148 ZPO wegen eines gleichzeitig anhängigen Erbscheinsverfahrens ist nicht möglich.[281] Ist die Erbenfeststellungsklage erfolgreich, so steht im Verhältnis der Parteien fest, dass der Kläger Erbe wurde, bei Klageabweisung steht fest, dass er kein Erbe wurde.

Will der Beklagte seinerseits erreichen, dass seine Erbenstellung festgestellt wird, muss er Feststellungswiderklage erheben.

 

Rz. 195

 

Hinweis

Ist ein Erbschein unrichtig, muss der wahre Erbe nicht abwarten, bis das Nachlassgericht den Erbschein einzieht. Die Herausgabe des unrichtigen Erbscheins an das Nachlassgericht kann vom Erbscheinsbesitzer verlangt werden, wobei die Herausgabeklage im Wege der objektiven Klagehäufung nach § 260 ZPO mit der Erbenfeststellungsklage verbunden werden kann. Oftmals wird es aber geboten sein, die Herausgabe des Erbscheins per einstweiliger Verfügung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren durchzusetzen.

 

Rz. 196

Für den Streitwert der Erbenfeststellungsklage ist gem. § 3 ZPO das Interesse an der Erbenfeststellung maßgeblich. Dabei ist von einem Streitwert von 80 % einer entsprechenden Leistungsklage auszugehen.[282]

 

Rz. 197

Muster 2.9: Erbenfeststellungsklage

 

Muster 2.9: Erbenfeststellungsklage

An das

Landgericht

Klage

des _________________________

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigter: _________________________

gegen

den _________________________

– Beklagter –

Prozessbevollmächtigter: _________________________

wegen Feststellung des Erbrechts

Vorläufiger Streitwert: _________________________

Namens und in Vollmacht der Klägerin erhebe ich Klage gegen den Beklagten und bitte um Anberaumung eines frühen ersten Termins, in dem ich den folgenden Antrag stellen werde:

Es wird festgestellt, dass der Kläger Alleinerbe seiner am _________________________ in _________________________ verstorbenen Ehefrau _________________________, geborene _________________________, geboren am _________________________ in _________________________, zuletzt wohnhaft in _________________________ geworden ist.

Falls die Voraussetzungen des § 331 Abs. 2 bzw. des § 307 ZPO vorliegen, bitte ich um Erlass eines Versäumnis- bzw. Anerkenntnisurteils ohne mündliche Verhandlung.

Begründung:

Der Kläger klagt auf Feststellung seines testamentarischen Alleinerbrechts nach seiner am _________________________ in _________________________ verstorbenen Ehefrau _________________________, geborene _________________________. Die Erblasserin war und der Kläger ist im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit. Am _________________________ errichteten die Erblasserin und der Kläger ein gemeinschaftliches Testament.

Beweis: Beiziehen der Nachlassakte

Außergerichtlich hat die Beklagte, Tochter der Erblasserin aus erster Ehe erklärt, sie werde das Ehegattentestament nicht anerkennen, vielmehr dieses anfechten, da die Unterschrift nicht von der Erblasserin herrühre. Dies wird ausdrücklich bestritten. Das privatschriftliche Ehegattentestament wurde vom Kläger eigenhändig geschrieben und unterschrieben und von der Erblasserin mit dem Text versehen "Dies ist auch mein Wille" und gleichfalls unterzeichnet.

Beweis: Gutachten eines Schriftsachverständigen

Ein Erbschein wurde bislang nicht erteilt, ein Erbscheinserteilungsverfahren ist nicht anhängig.

Gerichtskosten in Höhe von _________________________ EUR sind durch beiliegenden Verrechnungsscheck nachgewiesen.

(Rechtsanwalt)

 

Rz. 198

Muster 2.10: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Herausgabe des erteilten Erbscheins

 

Muster 2.10: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Herausgabe des erteilten Erbscheins

An das

Landgericht

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

des _________________________

– Antragsteller –

Prozessbevollmächtigter: _________________________

gegen

den _________________________

– Antragsgegner –

Prozessbevollmächtigter: _________________________

wegen Herausgabe des Erbscheins

Namens und in Vollmacht des Antragstellers beantrage ich, wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung, den Erlass folgender einstweiligen Verfügung:

1. Der Antragsgegner hat den ihm vom Amtsgericht (Notariat) _________________________ am _________________________ im Verfahren _________________________ erteilten Erbschein an das Nachlassgericht herauszugeben.
2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Begründung:

I Verfügungsanspruch
II Verfügungsgrund
[280] BGH, Urt. v. 14.10.2010 – IV ZR 135/08.
[281] KG FamRZ 1968, 219.
[282] Zöller/Herget, § 3 Rn 16.

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