A. Einführung

 

Rz. 1

Hat der Rechtsanwalt für Erbrecht die schwierige Hürde der möglichen Interessenkollision nach § 43a Abs. 4 BRAO überwunden, stellt sich für ihn und den Mandanten die wohl wichtigste Frage ihrer Zusammenarbeit – die nach der Vergütung des Rechtsanwalts.

 

Rz. 2

Auch hier werden häufig zwei gegenläufige Interessen aufeinandertreffen. Auf der einen Seite muss der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit einen angemessenen Ausgleich erzielen, da er als Unternehmer für den wirtschaftlichen Erfolg seiner Kanzlei verantwortlich ist. Nur der erfolgreiche unternehmerisch tätige Rechtsanwalt kann die Gehälter seiner Mitarbeiter zahlen und sämtliche Ausgaben der Kanzlei bestreiten. Darüber hinaus ist der wirtschaftliche Erfolg als Motivation für das eigene Handeln nicht zu unterschätzen.

Auf der anderen Seite möchte der Mandant nur das Nötigste für die Verfolgung seiner Interessen bezahlen. Damit ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen beider Seiten erzielt werden kann und keine Seite am Ende des Mandatsverhältnisses für sich eine böse Überraschung erleben muss, sollte von Anfang an mit der notwendigen Transparenz über die Möglichkeiten der Vergütung gesprochen werden. Dabei kann der Rechtsanwalt in Zusammenarbeit mit dem Mandanten kumulativ oder alternativ zwei Wege der Vergütung wählen.

 

Rz. 3

Einerseits wird die Vergütung aller anwaltlichen Tätigkeiten durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abgegolten. Dabei soll das RVG grundsätzlich einen angemessenen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen der Anwälte an einer aufwand- und leistungsgerechten Vergütung und den Interessen der Mandanten sowie der Versicherungswirtschaft und der Staatskasse an finanzierbaren Kosten der Rechtspflege ermöglichen.[1] Die gesetzliche Vergütung entsteht unabhängig davon, ob sie im Rahmen des Anwaltsvertrages vereinbart worden ist oder nicht.[2]

 

Rz. 4

Andererseits dürfen die Parteien im Rahmen der Privatautonomie von dem RVG abweichende Vereinbarungen miteinander treffen, § 3a RVG. Dabei kann eine Vergütungsvereinbarung im Einzelfall den angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des Rechtsanwalts und des Mandanten herstellen.

Dem Interesse des Mandanten kann sie entgegenkommen,[3]

wenn er die schwer durchschaubaren Regelungen des RVG durch überschaubarere Regelungen ersetzen möchte,
wenn er durch Pauschalierung vor Durchführung des Vertrages wissen will, was ihn die Tätigkeit des Rechtsanwalts kosten wird,
wenn er die Tätigkeit höher vergüten möchte als nach dem RVG vorgesehen.
 

Rz. 5

Dem Interesse des Rechtsanwalts kann sie entgegenkommen,[4]

wenn die gesetzliche Vergütung im Einzelfall die anwaltliche Leistung wegen einer besonders umfangreichen und schweren Tätigkeit nicht hinreichend vergütet,
wenn er eine beratende Tätigkeit übernommen hat,
wenn der Rechtsanwalt grundsätzlich nach bestimmten Stundensätzen arbeitet.
 

Rz. 6

Gerade im Bereich des erbrechtlichen Mandats wird es dem Rechtsanwalt entgegenkommen, wenn er eine Vergütungsvereinbarung mit dem Mandanten abschließt. Häufig kann aus der Sicht des Rechtsanwalts aufgrund der umfangreichen und zeitintensiven Bearbeitung eines erbrechtlichen Mandats nur so ein angemessener Ausgleich für seine Leistungen erzielt werden. Bei der Annahme des Mandats wird der Rechtsanwalt vielfach nicht erkennen können, welches zeitliche Ausmaß das erbrechtliche Mandat entwickeln wird, wenn beispielsweise zwischen mehreren Miterben und Pflichtteilsberechtigten über die Auseinandersetzung des Nachlasses Streit entstanden ist. Daneben kann es zu Problemen bei der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen und Pflichtteilsergänzungsansprüchen kommen, wenn sich nach einer umfangreichen Bearbeitung des Mandats durch den Rechtsanwalt herausstellt, dass der ursprünglich vom Mandanten angegebene Wert seiner Ansprüche wesentlich geringer ist. Der Gegenstandswert steht, unterstellt, der Pflichtteilsschuldner erteilt ordnungsgemäß nach § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB Auskunft, erst nach mehreren Monaten – gegebenenfalls Jahren – fest. Damit der Rechtsanwalt keinen wirtschaftlichen Verlust erleidet, könnte auch hier eine Vergütungsvereinbarung vorteilhaft sein.

 

Rz. 7

Neben dem Rechtsanwalt kann eine Vergütungsvereinbarung aber auch für den Mandanten Vorteile bringen. Im Bereich des Erbrechts werden in vielen Fällen hohe Gegenstandswerte im Rahmen des Nachlasses bestehen, die die Grundlage für die gesetzliche Vergütung nach dem RVG bilden, § 2 Abs. 1 RVG. Der Mandant wird für die Erteilung des Mandats häufig eine niedrigere Vergütung – als die gesetzliche Vergütung – im Blick haben. Daher bietet sich im Bereich des erbrechtlichen Mandats eine Vergütungsvereinbarung an.

 

Rz. 8

Im Mandat nach § 34 RVG (Beratung, Gutachten und Mediation) enthält das Gesetz bereits einen Appell, in allen durch § 34 RVG geregelten Angelegenheiten auf eine Gebührenvereinbarung hinzuwirken.[5] Gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 RVG soll der Rechtsanwalt entsprechend für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung...

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