A. Der Begriff "Rechtsschutz" sowie Prozessfinanzierung

I. Der Begriff "Rechtsschutz" speziell in ARB 2000

 

Rz. 1

Der Begriff "Rechtsschutz" kann verschieden definiert werden. Im engeren Sinne bedeutet "Rechtsschutz" Hilfe und Beistand in einer bestimmten rechtlichen Angelegenheit. Das Erreichen von "Rechtsschutz" kann der Rechtsuchende selbst anstreben oder sich der Hilfe anderer bedienen. Derjenige, der eine eigene Rechtssache nicht selbst erledigen kann oder will, hat die Möglichkeit, sich hierzu eines anderen zu bedienen, der seinerseits dem Auftraggeber "Rechtsschutz" in Form einer juristischen Dienstleistung, also einer Geschäftsbesorgung i.S.v. § 675 BGB, bietet.[1]

 

Rz. 2

Im Bedingungswerk wird in § 1 ARB 2000 als einer Art "Legaldefinition" bestimmt, welche Aufgaben der Rechtsschutzversicherer nach dem Versicherungsvertrag zu übernehmen hat. In § 1 ARB 2000 werden die Aufgaben der Rechtsschutzversicherung wie folgt definiert:

Zitat

"Der Versicherer sorgt dafür, dass der Versicherungsnehmer seine rechtlichen Interessen wahrnehmen kann, und trägt die für die Interessenwahrnehmung erforderlichen Kosten (Rechtsschutz)."

In Ziff. 1 ARB 2012 wird unter dem Titel "Aufgaben der Rechtsschutzversicherung" formuliert:

Zitat

"Sie möchten Ihre rechtlichen Interessen wahrnehmen. Wir erbringen die dafür erforderlichen Leistungen. Der Umfang unserer Leistungen ist im Versicherungsantrag, im Versicherungsschein und in diesen Versicherungsbedingungen beschrieben."

 

Rz. 3

Der in dieser Definition enthaltene Begriff der "Sorgeleistung" beinhaltet nicht nur die Übernahme der für die Interessenwahrnehmung anfallenden Kosten. Der Rechtsschutzversicherer hat im Sinne einer juristischen Dienstleistung auch die Beauftragung und Auswahl des Rechtsanwaltes vorzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer dies ausdrücklich verlangt, oder wenn der Versicherungsnehmer keinen Rechtsanwalt benennt und dem Versicherer die alsbaldige Beauftragung eines Rechtsanwaltes notwendig erscheint (§ 17 Abs. 1 ARB 2000). Darüber hinaus kommen weitere Dienstleistungen in Betracht, so z.B. die Übersetzung ausländischer Dokumente gem. § 5 Abs. 5 Buchst. a ARB 2000 sowie die Gewährung eines Darlehens als Strafkaution gem. § 5 Abs. 5 Buchst. b ARB 2000.

 

Rz. 4

Der Begriff Rechtsschutz kann Verschiedenes bedeuten, nämlich Hilfe und Beistand in einer bestimmten rechtlichen Angelegenheit, als Naturalleistung in Form einer Geschäftsbesorgung.[2]

[1] Vgl. auch Harbauer/Bauer, Teil B, ARB 2000, Einleitung, Rn 7.
[2] Vgl. hierzu im Einzelnen und zur Entwicklung des Begriffs und der Rechtsschutzbedingungen Harbauer/Bauer, Teil B, ARB 2000, Einleitung, Rn 1–23; vgl. Wendt, in: van Bühren/Plote, ARB, VVG § 125 Rn 1 ff.

II. Fortentwicklung der Begriffsbestimmung in ARB 2010

 

Rz. 5

Eine besondere Thematik sind die Rechtsbegriffe in der Rechtsschutzversicherung im Hinblick auf das versicherte spezifische Risiko dieser Versicherungssparte.[3] Zur Terminologie in § 1 ARB 2010 wird verwiesen auf die Ausführungen in § 6 – Rechtsschutzversicherung, Rechtsschutzvertrag und Versicherungsverhältnis (siehe § 6 Rn 84).

 

Rz. 6

Zum Begriff der Rechtsschutzversicherung ergab sich in den fortentwickelten Rechtsschutzbedingungen die Notwendigkeit von Anpassungen. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass die Rechtsschutzbedingungen modifiziert wurden, insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung des VVG vom 23.11.2007. Sie wurden geändert und der neuen Gesetzeslage angepasst.[4]

[3] Vgl. hierzu ausführlich Harbauer, NZV 1999, 193 ff.
[4] Vgl. hierzu im Einzelnen Harbauer/Bauer, Teil B, ARB 2000, Einleitung, Rn 23.

B. Kostenübernahme als versichertes Risiko und Betrieb der Versicherung

 

Rz. 7

Die ersten Vereinigungen oder Gesellschaften, die in Deutschland selbstständig Rechts- und Kostenschutz für rechtliche Auseinandersetzungen boten, sahen ihre Tätigkeit zunächst nicht als "Betrieb von Versicherungsgeschäften". Damit war diese Tätigkeit nicht "aufsichtspflichtig" i.S.v. § 1 VAG. In einer ausführlich begründeten Entscheidung vom 29.10.1935 (VA 36, 40) bejahte sodann der damalige Berufungssenat des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung (RAA) die Aufsichtspflicht einer Automobilschutz AG. In dieser Entscheidung wurde festgestellt, dass alle Voraussetzungen einer Versicherung i.S.d. § 1 VVG und des § 1 VAG gegeben seien. Konsequenz dieser Entscheidung war, dass hiernach gemäß VAG ein Rechtsschutzversicherer zur Aufnahme des Geschäftsbetriebs der Erlaubnis des BAV bedurfte.

C. Fortfall der Genehmigungspflicht der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB)

 

Rz. 8

Bis zum 1.7.1994 durfte die Rechtsschutzversicherung den von ihr gebotenen Versicherungsverträgen nur solche Allgemeinen Bedingungen (AVB) zugrunde legen, die das BAV als Bestandteil des sog. "Geschäftsplans" i.S.v. § 5 VAG genehmigt hatte.

 

Rz. 9

Die Rechtsschutzversicherer verwendeten bis Herbst 1994 fast ausschließlich sog. "Verbandsbedingungen", d.h. die vom – damaligen – HUK-Verband entworfenen und dann vom – damaligen – BAV genehmigten Musterbedingungen.

 

Rz. 10

Die Pflicht, die verwendeten Bedingungen vorab durch das BAV genehmigen zu lassen, ist aufgrund der Dritten EG-Richtlinie Schadenversicherung vom 18.6.1992 (Amtsblatt der EG Nr. L 228/1 vom 11.8.1992) ab dem 1.7.1994 entfallen, sodass die ARB nicht mehr Teil des genehmigungspflichtigen Gesch...

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