Rz. 253
Die (dispositiv angeordnete bzw. gesellschaftsvertraglich übertragene) Vertretungsbefugnis kann einem Gesellschafter nach § 720 Abs. 4 BGB in entsprechender Anwendung von § 715 Abs. 5 BGB (mithin parallel zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis) ganz oder teilweise (z.B. durch Übergang von Einzel- auf Gesamtvertretungsbefugnis)[487] aus "wichtigem Grund" – und damit abweichend von § 124 Abs. 4 und § 116 Abs. 5 HGB (d.h. nicht durch Gestaltungsurteil) – entzogen werden (und zwar unabhängig davon, ob sie ihm durch den Gesellschaftsvertrag übertragen wurde oder nicht),[488] d.h. durch Beschluss der anderen Gesellschafter (Änderung des Gesellschaftsvertrags gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters).
Rz. 254
Nach § 720 Abs. 4 BGB kann – ohne dass darin eine Beschränkung i.S.v. § 720 Abs. 3 S. 2 BGB zu sehen ist – eine Einzelvertretungsbefugnis auf Gesamtvertretungsbefugnis beschränkt werden, ebenso wie einem kraft Gesetzes gesamtvertretungsbefugten Gesellschafter die Vertretungsbefugnis entzogen werden kann.[489]
Beachte:
Die Vertretungsbefugnis muss nicht mehr wie nach altem Recht zwingend gleichzeitig mit der Geschäftsführungsbefugnis entzogen werden.[490]
Rz. 255
Hingegen ist eine Aufkündigung der organschaftlichen Vertretungsmacht (d.h. eine einseitige Niederlegung) durch den vertretungsbefugten Gesellschafter (entsprechend § 715 Abs. 6 BGB in Bezug auf die Geschäftsführungsbefugnis) nicht vorgesehen, da anders als die Geschäftsführungsbefugnis als Pflichtrecht die Vertretungsbefugnis eines Gesellschafters keine Tätigkeitspflicht begründet, deren Fortbestehen für ihn unzumutbar werden könnte.[491]
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