Rz. 228

§ 717 BGB hat – in Zusammenfassung des auf § 713 BGB alt i.V.m. § 666 BGB (kollektives Informationsrecht zugunsten der Gesamtheit der Gesellschafter) und § 716 BGB alt (individuelles Informationsrecht des einzelnen Gesellschafters) verteilten Normenbestandes und dessen inhaltlicher Neuordnung – folgenden Wortlaut (wohingegen § 717 BGB alt die Nichtübertragbarkeit der Gesellschafterrechte geregelt hatte):

 

(1) Jeder Gesellschafter hat gegenüber der Gesellschaft das Recht, die Unterlagen der Gesellschaft einzusehen und sich aus ihnen Auszüge anzufertigen. Ergänzend kann er von der Gesellschaft Auskunft über die Gesellschaftsangelegenheiten verlangen. Eine Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, welche diese Rechte ausschließt oder dieser Vorschrift zuwider beschränkt, steht ihrer Geltendmachung nicht entgegen, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Mitgliedschaftsrechte erforderlich ist, insbesondere, wenn Grund zur Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht.

(2) Die geschäftsführungsbefugten Gesellschafter haben der Gesellschaft von sich aus die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über die Gesellschaftsangelegenheiten Auskunft zu erteilen und nach Beendigung der Geschäftsführertätigkeit Rechenschaft abzulegen. Eine Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, welche diese Verpflichtungen ausschließt, ist unwirksam.

 

Beachte:

§ 717 BGB regelt nicht die Informationsrechte und -pflichten der Gesellschafter untereinander, die sich – je nach Fallgestaltung –

kraft Mitgliedschaft aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht[447] oder
kraft Geschäftsführungsbefugnis aus einer entsprechenden Anwendung des § 715 Abs. 1 BGB ergeben.[448]
 

Beachte zudem:

§ 717 BGB findet über § 105 Abs. 3 HGB auf die OHG (bei Streichung von § 118 HGB alt bzw. auf den Komplementär einer KG, § 161 Abs. 2 HGB) und über § 1 Abs. 4 PartGG auf die Partnerschaftsgesellschaft entsprechende Anwendung. Die Informationsrechte des Kommanditisten sind hingegen in der Neuregelung des § 166 HGB erweitert worden.

Informationsrecht ist der Oberbegriff für das Auskunfts- und Einsichtsrecht.[449]

[448] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 159.
[449] Schäfer/Schäfer, § 7 Rn 31.

a) Das individuelle (mitgliedschaftliche) Informationsrecht

 

Rz. 229

Jeder (d.h. auch ein von der Geschäftsführung ausgeschlossener) Gesellschafter hat nach § 717 Abs. 1 S. 1 BGB gegenüber der Gesellschaft das Recht, die Unterlagen der Gesellschaft einzusehen (Einsichtsrecht, i.S.e. unmittelbaren Zugangs zu Informationsquellen)[450] und sich aus ihnen Auszüge anzufertigen.

 

Rz. 230

Das individuelle Informationsrecht zeichnet sich dadurch aus, "dass es dem Gesellschafter lediglich ermöglicht, von sich aus an Informationen zu gelangen".[451]

 

Rz. 231

Ergänzend (d.h. nur dann, "wenn der Zweck des individuellen Informationsrechts, dem Gesellschafter die Möglichkeit der persönlichen Unterrichtung über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu verschaffen, durch die Einsicht nicht erreicht werden kann"),[452] kann der Gesellschafter gemäß § 717 Abs. 1 S. 2 BGB von der Gesellschaft Auskunft über die Gesellschaftsangelegenheiten verlangen (weitergehendes Auskunftsrecht bei einem Vorrang des Einsichts- vor dem Auskunftsrecht).[453]

 

Rz. 232

Eine Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, welche diese Rechte – d.h. das individuelle Informationsrecht (z.B. in Bezug auf einen bestimmten Gegenstand) – ausschließt oder dieser Vorschrift zuwider (wegen bestimmter Anforderungen an die Informationsgewährung) beschränkt, steht nach § 717 Abs. 1 S. 3 BGB i.S.e. besonderen Ausübungskontrolle[454] ihrer Geltendmachung nicht entgegen (womit das Informationsrecht "in gewissem Umfang zwingend ist"),[455] soweit dies zur Wahrnehmung eigener Mitgliedschaftsrechte erforderlich ist, insbesondere (Regelbeispiel) wenn Grund zur Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht (wobei in Übereinstimmung mit § 716 Abs. 2 BGB alt dafür ein begründeter Verdacht z.B. fehlerhafter Führung der Geschäftsunterlagen oder die grundlose Verweigerung von Informationen angesichts einer ungewöhnlichen Geschäftsentwicklung ausreichen soll, wenngleich die Anforderungen an die Darlegungslast des Gesellschafters insoweit nicht überspannt werden dürfen).[456] In diesem Zusammenhang ist eine Abwägung der gegenseitigen Interessen von Verband und Mitglied nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erforderlich.[457]

[450] Schäfer/Schäfer, § 7 Rn 32.
[451] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 159.
[452] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 159 unter Bezugnahme auf MüKo-BGB/Schäfer, § 716 Rn 12.
[453] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 159.
[454] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 159.
[455] Schäfer/Schäfer, § 6 Rn 33.
[456] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 160.
[457] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 160.

b) Das "kollektive Informationsrecht"

 

Rz. 233

Die geschäftsführungsbefugten Gesellschafter haben nach § 717 Abs. 2 S. 1 BGB – der das kollektive Informationsrecht[458] regelt – der Gesellschaft von sich aus

die erforderlichen Nachrichten zu geben (Recht auf Benachrichtigung),
auf Verlangen über die Gesellschaftsangelegenh...

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