Rz. 99

Der EuGH[109] führt in seinem Urteil aus, dass das FZA dahingehend auszulegen ist, dass es einem Steuersystem eines Mitgliedstaats entgegensteht, das in einer Situation, in der ein Angehöriger eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausübt, seinen Wohnsitz von dem Mitgliedstaat, dessen Steuersystem in Frage steht, in die Schweiz verlegt, vorsieht, dass die für die latenten Wertzuwächse von Gesellschaftsanteilen dieses Staatsangehörigen geschuldete Steuer im Zeitpunkt dieser Wohnsitzverlegung erhoben wird, während im Fall der Beibehaltung des Wohnsitzes im selben Mitgliedstaat die Erhebung erst im Zeitpunkt der Realisierung der Wertzuwächse, d.h. bei der Veräußerung der betreffenden Gesellschaftsanteile, erfolgt.

Vereinfacht zusammengefasst verstößt nach Auffassung des EuGH die Besteuerung nach § 6 AStG a.F. ohne Aufschub der Zahlung der geschuldeten Steuer bei einem Wegzug in die Schweiz gegen das vom FZA vorhergesehene Niederlassungsrecht. Eine Rechtfertigung – etwa durch die altbekannten Argumente Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle und die Notwendigkeit einer wirksamen Steuererhebung – kommt nicht in Betracht, eine Stundung des vollständigen Steuerbetrags bis zur Veräußerung der Anteile wäre im Streitfall das adäquate und verhältnismäßige Mittel gewesen.

 

Rz. 100

Im Unterschied zur nachfolgend besprochenen Entscheidung des EuGH i.S. Kommission/Portugal (siehe Rdn 105) verändert der EuGH in der Sache Wächtler seine Rechtsprechung zur persönlichen Entstrickung und begibt sich wieder ein Stück in Richtung der in der Entscheidung i.S. de Lasteyrie du Saillant verwendeten Argumentation. So schränkt der EuGH insbesondere die in der Entscheidung i.S. Kommission/Portugal eröffnete Möglichkeit, die auf die stillen Reserven entfallende Steuer gestreckt auf fünf Jahre zu zahlen, wieder ein.

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