1. Gesetzlicher und vertraglicher Güterstand

 

Rz. 226

Der Regelungsbereich des Güterstatuts ist in den Güterrechtsverordnungen in Art. 27 positiv und in Art. 1 Abs. 2 negativ definiert. Dem Güterstatut unterliegen die Sonderordnung für das Vermögen von Mann und Frau aufgrund der Ehe und die Abwicklung dieser Sonderordnung.[305] Dazu gehören beispielsweise die Fragen, in welchem gesetzlichen Güterstand die Eheleute leben, welche Folgen sich daraus für die dingliche Zuordnung des von den Eheleuten in die Ehe eingebrachten und während der Ehe erworbenen Vermögens ergeben, die Verfügungsbefugnis hierüber und die Haftung für Verbindlichkeiten des anderen Ehegatten.[306] Schließlich entscheidet das Güterstatut, wann und auf welche Weise der Güterstand beendet wird (ob durch Scheidung, gerichtliche Trennung von Tisch und Bett,[307] tatsächliche Trennung der Eheleute) und ob und wie bei Beendigung des Güterstands aus einem bestimmten Grund ein Vermögensausgleich (Zugewinnausgleich) oder die gerichtliche Teilung ehelichen Vermögens (property distribution) aufgrund unterschiedlicher Entwicklung des Vermögens bei den Eheleuten während der Ehe erfolgt.

 

Rz. 227

Nach dem Güterstatut ist zu entscheiden, welche vertraglichen Güterstände zur Verfügung stehen, wann ein Ehevertrag geschlossen werden kann (z.B. nur vor Eheschließung oder auch danach), das Erfordernis einer gerichtlichen Genehmigung für den Abschluss der güterrechtlichen Vereinigung nach Eheschließung, auf welche Weise der gesetzliche Güterstand durch einen vertraglichen Güterstand ersetzt werden kann und welche Wirkungen die Ersetzung hat.

 

Rz. 228

Güterrechtlich ist auch § 1414 S. 2 BGB zu qualifizieren:[308] Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs hat nach dieser Vorschrift, unabhängig vom auf den Versorgungsausgleich anwendbaren Recht, nur dann die Gütertrennung zur Folge, wenn deutsches Recht Güterstatut ist.

 

Rz. 229

Für die Formwirksamkeit eines Ehevertrages, der nicht der EUGüVO unterliegt, gilt das über Art. 11 Abs. 1 bis 3 EGBGB bestimmte Recht, so dass auch die Beachtung der Ortsform genügt. Die in manchen Rechten gesetzlich vorgesehene Eintragung der güterrechtlichen Vereinbarung in die Heiratsurkunde oder in ein Register ist in aller Regel aber weder Voraussetzung für die formelle noch die materielle Wirksamkeit des Vertrages, sondern Voraussetzung für die Wirkung im Verhältnis zu Dritten (Publizität).

Beispiel: Daher können deutsche Eheleute in Italien Gütertrennung vereinbaren, indem sie bei Eheschließung dem Standesbeamten gegenüber diesen Willen formlos erklären.[309] Italienische Eheleute können in Deutschland wirksam die Gütertrennung vereinbaren, indem sie die Vereinbarung notariell beurkunden lassen. Der vom italienischen Recht vorgesehenen Eintragung in die Heiratsurkunde bedarf es nicht. Solange die Eheleute in Italien auch weder Immobilien besitzen noch dort leben bzw. dort ein Geschäft betreiben, besteht hierzu auch kein Anlass.

 

Rz. 230

Güterrechtlich sind schließlich auch auf den Vermögensbestand bezogene Auskunftspflichten zu qualifizieren,[310] denn sie beziehen sich auf den Ausgleichsanspruch. Gleiches gilt für das Verbot der Ehegattengesellschaft, weil dieses Verbot eine Umgehung der Regeln für die Eheverträge verhindern soll (siehe Rdn 166).

[305] Vgl. RegBegr., BT-Drucks 10/504, S. 57.
[306] Beachte aber, dass die Schlüsselgewalt dem allgemeinen Ehewirkungsstatut zuzuordnen ist (siehe Rdn 167).
[307] Kennt die für die güterrechtlichen Folgen maßgebliche Rechtsordnung keine Trennung von Tisch und Bett, so sind die bei einer Trennung von Tisch und Bett eintretenden güterrechtlichen Folgen nach dem Trennungsstatut, ggf. in Kombination mit den vom Güterstatut für die Scheidung vorgesehenen Regeln, zu bestimmen, Staudinger/Mankowski, 2010, Art. 15 EGBGB Rn 289.
[308] v. Bar, Internationales Privatrecht II, 1.Aufl. 1991, Rn 240.
[309] Art. 162 Abs. 2 ital. Codice Civile. Es mag in der Praxis Fälle geben, in denen die Ehegatten irrtümlich davon ausgingen, bei Heirat in Italien sei die Erklärung erforderlich, um zu verhindern, dass sie in der gesetzlichen Gütergemeinschaft italienischen Rechts leben. Zweifelhaft ist allerdings, ob ein Ehegatte durch entsprechende Anfechtung einen Zugewinnausgleichsanspruch nach deutschem Recht wiederherstellen kann.
[310] BGH FamRZ 1986, 1200; Kerameus, IPRax 1990, 228; Rauscher, Internationales Privatrecht, 3. Aufl. 2009, Rn 757. Zu den Angleichungsfragen, die sich ergeben, wenn das Güterstatut keinen Auskunftsanspruch vorsieht, weil im dortigen Recht prozessual der Amtsermittlungsgrundsatz gilt: Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl. 2000, S. 122; Staudinger/Mankowski, 2010, Art. 15 EGBGB Rn 287.

2. Dingliche Zuordnung von Sachen, Rechten und Gesellschaftsanteilen

 

Rz. 231

Die Konkurrenz von Vermögensstatut (hier des Güterstatuts) und Einzelstatut (also des für die einzelnen Rechte maßgeblichen Sachen-, Gesellschafts- oder Schuldstatuts) wirft immer wieder Probleme auf.[311] Dabei ist das grundsätzliche Verhältnis relativ einfach: Der dingliche Erwerb des Rechts durch einen oder auch beide Ehegatten vollzieht sich nach...

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