Rz. 10

Zur Regelung des internationalen Güterrechts hatte die Europäische Kommission am 16.3.2011 einen Vorschlag für eine Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts[10] (Güterrechtsverordnung bzw. EUGüVO[11]) vorgelegt. Dieser Vorschlag war Gegenstand erbitterten Widerstands einiger Mitgliedstaaten der EU, da die Umsetzung als Verordnung dazu geführt hätte, dass in sämtlichen EU-Staaten quasi durch die Hintertür die allgemeine Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehe eingeführt würde. Daher hat man sich in der Entscheidung des Rates am 3.12.2015 auf eine "Kompromisslösung" geeinigt, die dem Mitgliedstaat die eigenständige Beurteilung der Vorfrage vorbehält, ob es sich überhaupt um eine "Ehe" handelt. Da aber auch diese Lösung nicht durchführbar erschien, verständigten sich 17 Mitgliedstaaten (darunter auch die Bundesrepublik Deutschland) darauf, den Rechtsakt im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit zu realisieren. Am 3.3.2016 übermittelte die Kommission einen entsprechenden Entwurf, gemeinsam mit einem entsprechenden Entwurf für einen Rechtsakt zum Güterrecht eingetragener Partnerschaften. Dieser wurde am 24.6.2016 von 18 Mitgliedstaaten angenommen. Abgelehnt wurden die Vorschläge von Dänemark, Großbritannien, Irland, Estland, Lettland, Litauen, Polen Rumänien, der Slowakei und Ungarn.

Die EUGüVO regelt neben verfahrensrechtlichen Aspekten, wie die internationale Zuständigkeit der Gerichte, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Anerkennung öffentlicher Urkunden und gerichtlicher Vergleiche, auch die kollisionsrechtlichen Fragen des internationalen Güterrechts. So bestimmt Kapitel III der EUGüVO das auf die güterrechtlichen Verhältnisse der Eheleute anwendbare Recht. Die internationale Zuständigkeit wird in Scheidungsfällen und Nachlassverfahren als Annexkompetenz ausgestaltet. Die internationale Zuständigkeit ergibt sich dann also mittelbar aus der Brüssel IIa-VO (siehe Rdn 251 und Ring/Olsen-Ring, § 1) bzw. den Art. 4 ff. EuErbVO. Für die anderen Fälle sind gem. Art. 5 Abs. 1 EUGüVO die Gerichte des Mitgliedstaates zuständig, in dem die Eheleute ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die Eheleute können gem. Art. 7 Abs. 1 EUGüVO auch eine Gerichtsstandsvereinbarung treffen. Diese kann im Zuge eines strengen Gleichlaufprinzips ausschließlich zugunsten der Gerichte des Mitgliedstaates erfolgen, dessen Recht die Eheleute gem. Art. 22 EUGüVO als das auf ihren ehelichen Güterstand anzuwendende Sachrecht gewählt haben. Für die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen sieht die EUGüVO – anders noch als der Entwurf von 2011 – nicht mehr die Durchführung eines Exequaturverfahrens vor.

Die EUGüVO ist erst ab dem 29.1.2019 anwendbar. Die Kollisionsnormen der VO gelten nur, wenn die Eheleute nach diesem Stichtag geheiratet haben oder nach diesem Stichtag eine Rechtswahl getroffen haben. Das alte nationale Güterrechts-IPR wird daher neben der VO noch lange Zeit erhebliche Bedeutung beibehalten.

 

Rz. 11

Zur Bestimmung des anwendbaren Rechts enthält Art. 26 EUGüVO eine an die Haager Güterrechtskonvention von 1978 angelehnte Anknüpfungsleiter. Diese führt zunächst zur Geltung des Rechts des Staates, in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Ersatzweise gilt das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung besaßen. Rück- und Weiterverweisungen bleiben unbeachtet, Art. 32 EUGüVO. Gemäß Art. 22 EUGüVO bestimmt sich das Güterstatut vorrangig anhand einer von den Eheleuten getroffenen Rechtswahl. Die Eheleute können das Recht des Staates wählen, in dem sie beide oder einer von ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten oder künftigen Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt. Eine statutenspaltende Rechtswahl für den Grundbesitz oder einzelne Grundstücke, wie sie gem. Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB zulässig ist, ist dann nicht mehr möglich.

[10] KOM(2011) 126 endg.; einsehbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0126:FIN:DE:PDF.
[11] Ausführlicher dazu siehe unten Rdn 199.

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