Rz. 172

Eine entschiedene Ablehnung der Umgangskontakte durch die Mutter oder grundsätzlich schwerwiegende Spannungen zwischen den Eltern genügen nicht, um das Umgangsrecht auszuschließen.[656] Dies gilt insbesondere, wenn durch ein psychologisches Gutachten festgestellt werden konnte, dass die Kinder den Umgang mit einem Elternteil genießen. Es obliegt dann vielmehr dem betreuenden Elternteil, im Kindesinteresse die Kontakte zu fördern.[657]

Ebenso wenig können fehlende Unterhaltsleistungen Auswirkungen auf die Umgangskontakte haben.[658] Gleiches gilt, wenn der betreuende Elternteil auf die Umgangskontakte mit nervösen Beschwerden reagiert[659] bzw. die Behauptung im Raum steht, das Kind reagiere nach den Besuchen mit psychosomatischen Beschwerden,[660] zumal die Ursachen hierfür vielfältig sein können.[661]

 

Rz. 173

Aufgrund der Wohlverhaltenspflicht sind die Eltern gehalten, im Interesse des Kindes bestehende Schwierigkeiten zu überwinden.[662] Gleichwohl wird jedoch im Interesse eines Kindes die Grenze dort zu ziehen sein, wo zwischen den Eltern extremer Hass besteht[663] oder im Rahmen des Besuchsrechts das Kind dem betreuenden Elternteil jeweils entfremdet bzw. aus seiner Pflegefamilie herausgelöst werden soll[664] und letztlich das Konfliktpotential zwischen den Eltern zu einer unvertretbar hohen seelischen Belastung für das Kind führt.[665] Gegebenenfalls ist in dieser Situation das Umgangsrecht vorübergehend auszuschließen, wenn die derzeitige familiäre Situation keinen Anhaltspunkt dafür bietet, dass Konflikte in einer für das Kind seelisch erträglichen Weise gelöst werden können.[666]

Nichts anderes gilt, wenn das Kind beim Besuch eines Elternteils durch die dortigen Großeltern, die mit dem anderen Elternteil verfeindet sind, belastet wird. In diesem Fall rechtfertigt es sich, die Kontakte mit den Großeltern auf wenige Tage im Jahr zu beschränken[667] oder diese gänzlich auszuschließen, wenn das Kind ansonsten schwerwiegenden Loyalitätskonflikten ausgesetzt wäre.[668]

[656] OLG Bamberg FamRZ 1998, 969.
[657] OLG Brandenburg FamRZ 2003, 111; KG FamRZ 2002, 412.
[658] OLG Saarbrücken OLGR 2005, 616.
[659] OLG Bamberg FamRZ 1984, 507.
[660] OLG Hamm FamRZ 1993, 1233.
[661] Vgl. dazu auch BVerfG FamRZ 2007, 1625.
[663] AG Magdeburg FamRZ 2005, 1770.
[664] OLG Bamberg FamRZ 1993, 726; OLG Stuttgart NJW 1978, 1593.
[665] OLG Saarbrücken, Beschl. v. 8.6.2016 – 6 UF 30/16, juris; FamRZ 2007, 495; Anm. Giers, FamRB 2007, 10.
[666] OLG Frankfurt FamRZ 2002, 1582; OLG Hamburg FamRZ 1991, 471.
[667] OLG Stuttgart NJW 1978, 380.
[668] OLG Hamm FamRZ 2010, 909.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge